Lange haben Fantasy-Fans auf diesen Tag hin gefiebert, jetzt ist es endlich so weit. Die Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ startet am heutigen Freitag (2. September) mit einer Doppelfolge auf Amazon Prime Video. Die Erwartungen sind sehr hoch. Nicht nur, weil sie bis dato die teuerste Serie aller Zeiten ist. Sondern auch, weil die Original-Film-Trilogie von Regisseur Peter Jackson (60) insgesamt 17 Oscars abgeräumt und nebenbei Millionen von Menschen für die Welt der Hobbits, Zwerge und Elben begeistert hat. Kann die Amazon-Produktion diesen Erwartungsdruck standhalten?
Hohes Tempo, gewaltige Bilder
Schon 2012 begeisterte ein „Herr der Ringe“-Prequel die Zuschauerinnen und Zuschauer: „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ startete in den Kinos, zwei weitere Teile folgten. Die „Hobbit“-Trilogie spielt 60 Jahre vor den Ereignissen von „Der Herr der Ringe“ und folgte den Spuren von Bilbo Beutlin (Martin Freeman, 50) – der zusammen mit dem Zauberer Gandalf (Ian McKellen, 83) und 13 Zwergen einen Berg von einem Drachen befreien wollte.
Die Serie „Die Ringe der Macht“ springt nochmal weiter in der Zeit zurück. Sie spielt im sogenannten Zweiten Zeitalter Mittelerdes, also Tausende Jahre bevor der Ring der Macht im Schicksalsberg zerstört wurde. Bereits in den ersten 15 Minuten wird den Zuschauern in einem Rückblick erklärt, was alles auf dem Kontinent geschehen ist. Zu diesem Zeitpunkt bekommen Fans einen bildgewaltigen Kampf, Massengräber und jede Menge schreckliche Gestalten zu sehen. Denn die Serie beginnt mit der großen Schlacht der Elben gegen den bösen Morgoth. Sofort werden Erinnerungen an den finalen Kampf in „Die Rückkehr des Königs“ wach. Auch hier siegt das Gute am Ende, einige Elben kehren in ihre Heimat zurück – andere bleiben in Mittelerde.
Generell ist das Tempo innerhalb der ersten beiden Folgen sehr hoch. Einige Figuren werden vorgestellt, viele Handlungsstränge laufen parallel – wo sie enden werden und ob sie jemals zusammenlaufen? Ab der ersten Minute stehlt sich ein wohliges Gefühl ein, als würde man nach einer langen Reise nach Hause, sprich nach Mittelerde, zurückkehren. Das liegt auch daran, dass die Macher mit atemberaubenden Kulissen, Detailreichtum und bildgewaltigen Szenen die Welt von Autor J. R. R. Tolkien (1892-1973), dem Verfasser der „Herr der Ringe“-Bücher, einmal mehr zum Leben erweckt haben.
Galadriel im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht eine weibliche Hauptfigur, die Fans bereits kennen: die junge Elbin Galadriel. Der Charakter spielte bereits in den früheren Filmen eine Rolle, wurde damals noch von Oscarpreisträgerin Cate Blanchett (54) verkörpert. In der Serie übernimmt die walisische Schauspielerin Morfydd Clark (33). Galadriel hat im Kampf gegen Morgoth und seinem Nachfolger Sauron ihren geliebten Bruder Finrod verloren.
Daraufhin schwört sie Rache und reist durch die entlegensten Ecken der Welt, um das Böse zu finden. So kämpft sie sich durch eine Eiswüste, gibt sich als starke Führerin und erledigt im Alleingang einen Troll – sofort wird klar: mit ihr sollte man sich nicht anlegen. Doch nachdem die dunklen Mächte schon lange zurückgedrängt wurden und von Sauron jede Spur fehlt, zieht der elbische Hochkönig die Truppen ab und holt sie zurück in die Heimat. Lediglich Galadriel traut dem Braten nicht und ist davon überzeugt, dass der Feind im Verborgenen weiter Pläne schmiedet. „Das Böse schläft nicht, Elrond. Es wartet“, fasst es die kriegerische Elbin treffend zusammen.
Alte Gesichter und neue Wesen
Das bringt uns zu einer weiteren Figur, die Fans bereits kennen und eine tragende Rolle einnimmt: Elrond, einst von Hugo Weaving (62), jetzt von Robert Aramayo (29) verkörpert. Doch in der Serie ist er noch nicht der große Elb, der die Weisheit scheinbar mit Löffeln gefressen hat und in den „Herr der Ringe“-Filmen die Gefährten auf ihre große Reise losschickt. Stattdessen gibt er den charmanten Politiker, der im Gegensatz zu seiner Freundin Galadriel nicht recht an das verborgene Böse glauben möchte.
Es gibt noch weit mehr Figuren, die in den ersten zwei Folgen vorgestellt werden. So etwa der Elbensoldat Arondir (Ismael Cruz Córdova, 35), der sich in die Menschenfrau Bronwyn (Nazanin Boniadi, 42) verliebt. Auch ihre Stellungen in den Regionen der Menschen sollen die elbischen Soldaten aufgeben – doch hier mehren sich die Anzeichen, dass etwas Böses sein Unwesen treibt. Kühe geben schwarze Milch, ein ganzes Dorf wird – im wahrsten Sinne des Wortes – vom Erdboden verschluckt. Arondir geht den Vorkommnissen auf den Grund.
Dass es düster zugehen wird, liegt in der Natur der Sache. Schließlich dreht sich die Serie, wie der Titel schon verrät, um den Ursprung der Ringe der Macht. Also die Schmuckstücke, die die Völker von Mittelerde fast vernichtet hätten und Sauron zu seinem Aufstieg verholfen haben. Doch zwischen den dunklen Wolken bricht auch ab und zu die Sonne hervor – in Gestalt von Harfüßen. Die Wesen sind Verwandte der Hobbits und sehen den einstigen „Herr der Ringe“-Helden Frodo Beutlin (Elijah Wood, 41) und Co. sehr ähnlich. Zum Glück! Denn ohne die friedlichen, naturverbundenen Charaktere würde definitiv etwas fehlen. Nori Brandyfoot (Markella Kavenagh), ein für das Volk untypisch neugieriges Mädchen, möchte die Welt kennenlernen und fragt sich stets, „was noch da draußen ist“. Eine Vorfahrin von Bilbo und Frodo Beutlin vielleicht? Als ein mysteriöser Mann vom Himmel fällt, scheint ihre Zeit gekommen zu sein.
Neben Menschen, Elben und Harfüßen spielen natürlich auch Zwerge eine Rolle. Das Besondere: Der Zuschauer bekommt die Minen von Moria zu sehen, als das Volk dort noch nach Kostbarkeiten suchte. Elrond besucht dort den Prinzen Durin IV. (Owain Arthur, 39) – obwohl sich Elben und Zwerge eigentlich nicht ausstehen können, pflegen die beiden eine besondere Freundschaft. Auch hier setzt wieder ein „Herr der Ringe“-Flashback ein, denn gerade die Beziehung zwischen Legolas (Orlando Bloom, 45) und Gimli (John Rhys-Davies, 78) sorgte in der Trilogie für einige Lacher.
Neuerungen bei „Die Ringe der Macht“
Doch auch wenn man als Zuschauer und Zuschauerin immer wieder Parallelen zwischen den Filmen und der Serie entdeckt, gibt es auch Neuerungen, die teilweise überfällig waren. So ist es ein sehr diverser Cast. Waren in den „Herr der Ringe“-Streifen fast nur weiße Darsteller zu sehen, ändert sich das in der Amazon-Produktion. Gut so, denn alles andere wäre auch nicht mehr zeitgemäß gewesen.
Auch, dass eine Frau das Ruder übernimmt, fühlt sich gut an und beerdigt damit das zuvor herrschende „Herr der Ringe“-Patriarchat. Neun Gefährten zogen damals los, für Gefährtinnen gab es keinen Platz. Was natürlich auch an den Romanvorlagen von Tolkien lag. Jetzt wurde die Geschichte weiter gesponnen, weshalb die Macher deutlich freier bei der Besetzung waren.
Eine Frage, die bleibt
Wie schon angedeutet, mach sich die Produktionskosten von rund 715 Millionen US-Dollar – für die ersten acht Folgen – allein bei der Gestaltung bemerkbar. Doch zwischendrin stellt man sich die Frage, ob die eindrucksvollen Städte der Elben, die steinernen Hallen der Zwerge sowie die großartig animierten Ungeheuer nicht doch etwas fürs Kino gewesen wären? Sprengt diese fantastische Welt möglicherweise den heimischen Fernseher, der bei manchen nur aus einem Laptop-Bildschirm besteht? Das lässt sich vielleicht erst am Ende des Abenteuers beantworten. Eine zweite Staffel wurde bereits in Auftrag gegeben.
Bis diese anläuft, können Fans sich zurücklehnen und die ersten Episoden von „Die Ringe der Macht“ genießen. Denn die Serie kann definitiv mit den Filmen mithalten und ist für alle Fantasy-Freunde ein wahres Fest. Die Welt von Autor J.R.R. Tolkien ist erneut zum Leben erwacht und fesselt auch heute noch wie am ersten Tag.
Amazons „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ startet am 2. September in Deutschland mit einer Doppelfolge, danach geht es bei Prime Video im wöchentlichen Abstand weiter. Die erste Staffel kommt auf insgesamt acht Episoden.