Mit „Alte Bande“ im TV: Mario Adorfs bewegtes Leben

Mit „Alte Bande“ im TV: Mario Adorfs bewegtes Leben

Wiedersehen mit Schauspieler Mario Adorf (91). Das Erste zeigt am Mittwochabend (3.8.) ab 20:15 Uhr seinen Film „Alte Bande“. Adorf spielt den alten Gauner Boxer, den König der Justizvollzugsanstalt. Als der Gefängnisarzt ihn wegen seines fortgeschrittenen Alters in ein Gefängnis speziell für Senioren verlegen lässt, gelingt ihm von dort aus die Flucht. Allerdings hat sich die Welt draußen verändert, und nichts läuft so einfach, wie Boxer es sich vorgestellt hat…

Mario Adorf wurde 1930 in Zürich geboren

Über 200 Filme in über 60 Jahren, eine Berühmtheit in Italien, Frankreich, England, Deutschland, Österreich und der Schweiz sowieso – Mario Adorf kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken.

Geboren wurde er 1930 als nichteheliches Kind der deutschen Röntgenassistentin und späteren Schneiderin Alice Adorf und des verheirateten italienischen Arztes, Matteo Menniti, in Zürich. Die beiden hatten sich bei der Arbeit in Kalabrien kennen gelernt.

Noch im Jahr seiner Geburt gingen Mutter und Sohn nach Mayen, Rheinland-Pfalz. Die Kleinstadt hat ihn geprägt, denn Kindheit und Jugend waren hart. Die Mutter rackerte sich als Schneiderin ab, das Geld war so knapp, dass sie ihr Kind zeitweise ins Waisenhaus geben musste, damit es etwas zu essen hatte. Er hat trotzdem seinen Weg gemacht. Nach dem Abitur studierte er an der Uni Mainz Philosophie, Psychologie, Kriminologie, Literatur, Musikgeschichte, Theaterwissenschaft.

Über 200 Filme in 60 Jahren

Von Mayen aus ist er losgezogen, hat die Welt erobert. Viele bezeichnen ihn als einen „Jahrhundert-Schauspieler“. Das hört er allerdings nicht besonders gern. Und „Weltstar“ gleich gar nicht. „Ich empfinde mich durchaus nicht als Weltstar. Weltstars kommen einzig und allein aus Hollywood“, sagte  er 2010 dem „Kölner Stadtanzeiger“.

Ungefähr zu der Zeit, als er Vater einer Tochter, Schauspielerin Stella Adorf (58), geworden war, hatte Hollywood gerufen. Regisseur Sam Peckinpah (1925-1984) brauchte für seinen Western „Major Dundee“ (1964) mit Stars wie Charlton Heston (1923-2008) und Senta Berger (81), noch einen, der aussieht wie ein Mexikaner. Der Film war nicht besonders erfolgreich. Trotzdem schlug man ihm vor, „in Amerika zu bleiben und dort weiterhin Mexikaner zu spielen“, verriet er 2005 dem „Spiegel“. „In Deutschland und Italien hatte ich aber viel schönere Angebote. Ich wollte auch nicht in Hollywood auf Partys gehen, um wichtige Leute kennen zu lernen.“

Er hat Gebrauchskino gemacht, vornehmlich in der Rolle des Bösewichts und große Filme wie „Deadlock“ (1970)“, „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ (1975), „Bomber & Paganini“ (1976).

Er drehte mit Claudia Cardinale und Sean Connery („Das rote Zelt“, 1969), mit Alec Guinness („Smileys Leute – Agent in eigener Sache“, 1982) oder mit Michael Caine („Der 4 1/2 Billionen Vertrag“, 1985). Und mit der deutschen Produktion „Die Blechtrommel“ (1979) kehrte er sogar triumphal nach Hollywood zurück, wo die Grass-Verfilmung von Regisseur Volker Schlöndorff (83) den Oscar als bester fremdsprachiger Film gewann.

Karriere als Film- und Serienstar

Er wurde Serienstar in legendären TV-Mehrteilern wie „Der große Bellheim“ (1993), „Der Schattenmann“ (1996) und „Die Affäre Semmeling“ (2002) des, vor wenigen Tagen verstorbenen Regisseurs Dieter Wedel (1939-2022).

Unvergessen sind seine wunderbaren Rollen in Kultfilmen von Helmut Dietl (1944-2015) wie „Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“ (1997) und „Kir Royal“ (1986), wo er als publicity-geiler Unternehmer Heinrich Hafferloher dem Klatschreporter Baby Schimmerlos androhte: „Isch scheiß disch so wat von zu mit meinem Jeld!“

Eine seiner größten Rollen bereut er bis heute

Doch ausgerechnet den Film, mit dem alles begann, bereut er. 1957 spielte er in „Nachts, wenn der Teufel kam“ eindringlich den vermeintlichen Frauenmörder Bruno Lüdke, der 1943 für 53 Morde und drei Mordversuche verantwortlich gemacht wurde. Adorf erhielt dafür den Bundesfilmpreis als bester Nachwuchsschauspieler. In den 1990er-Jahren stellte sich heraus, dass Lüdke unschuldig war, NS-Polizisten hatten den geistig behinderten Mann aus ideologischen Gründen zum Mörder erklärt. Er starb 1944 in Haft, vermutlich bei „medizinischen Untersuchungen eines geborenen Verbrechers“.

„Ich habe mit meiner Rolle einem Mann das Bild eines Massenmörders verpasst, der keiner war“, sagte er 2020 der „Zeit“. „Ich habe als Schauspieler diesem Bruno Lüdke Unrecht getan … Ich habe einem Menschen, der wirklich gelebt hat, eine monströse Geschichte gegeben, die überhaupt nicht stimmt.“ Er habe Schuldgefühle gegenüber diesem Opfer und seinen Angehörigen.

Solche Sätze hört man selten von einem Schauspieler. Mario Adorf hingegen spricht gern Klartext.

Schauspieler spricht gerne Klartext

Mario Adorf – in Zürich geboren, der Vater Italiener, die Mutter Deutsche, die erste Ehefrau Deutsche, die zweite Französin – ist ein überzeugter „Anhänger Europas und der Meinung, dass wir alles tun müssen, um es zu erhalten“, wie er vor ein paar Jahren im Magazin Cicero sagte.

Seine Heimat sieht er im kleinen Eifelstädtchen Mayen, nicht in Rom, wo er über 40 Jahre gelebt hat, nicht in Paris oder Saint Tropez, wo er Wohnsitze hat, nicht in München, wo er mit Ehefrau Monique, mit der er seit 1985 in zweiter Ehe verheiratet ist, lebt. In Mayen ist er „dankbarer“ Ehrenbürger, nach ihm wurde der „Mario-Adorf-Burgweg“ benannt.

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