Er hat die Welt schon vor einem Asteroiden gerettet, ist auf der Suche nach zwölf Affen durch die Zeit gereist, knallte John Travolta (68) auf dem Lokus über den Haufen und starb fünf Mal langsam: Bruce Willis (67) ist seit Jahrzehnten ein Urgestein der Leinwand. Doch seit 30. März 2022, der als Trauertag des Action-Kinos verstanden werden kann, muss es „war ein Urgestein der Leinwand“ heißen. Die Familie des Schauspielern gab in einem gemeinsamen Statement bekannt, dass Willis aufgrund einer Krankheit seinen geliebten Beruf nicht mehr nachgehen kann und seine Karriere mit sofortiger Wirkung beendet.
[sc name=“insta-iframe“ src=“https://www.instagram.com/p/Cbu-CyELWio/“ ]Willis leide demnach an einer Aphasie, also einer Schädigung des Sprachzentrums im Gehirn. Beim Betroffenen können Probleme mit dem Sprechen und dem Verstehen von Sprache auftreten, so auch beim Lesen und Schreiben. Es ist eine besonders zynische Fügung des Schicksals, dass der Star auf diese Weise aus dem Rampenlicht scheidet. Schließlich räumte ihm vor vielen Jahrzehnten aufgrund seines Stotterns niemand eine realistische Chance ein, in Hollywood Fuß zu fassen. Willis nutzte sie dennoch und machte aus seiner größten Schwäche eine Tugend.
Ein schwerer Start
Die beeindruckende Karriere von Bruce Willis fand in einem Kaff in Deutschland seinen Ursprung. Es war das Jahr 1955 im beschaulichen Örtchen Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz. Als am 19. März der US-Soldat David Willis und seine Frau Marlene Eltern wurden, ahnte noch keiner, welch außergewöhnliche Karriere ihrem Söhnchen Bruce beschienen sein würde. Doch an seine Zeit in Deutschland kann sich Willis nicht erinnern, mit acht Monaten wird die USA, genauer gesagt New Jersey, seine Heimat.
Dass der Welt einer der größten Action-Darsteller geschenkt wurde, verdanken Fans rabiater Streifen ausgerechnet einer großen Schwäche von Willis: Als Kind und Jugendlicher im Alter von 9 bis 17 hatte er mit starkem Stottern zu kämpfen. Erst als er das Schauspiel für sich entdeckte, sollte sich das ändern – auf der Theaterbühne war das Stottern wie weggeblasen. In einer rührenden Rede für das American Institute for Stuttering erinnerte er sich 2016 an dieses „Wunder“ zurück – aber auch an die vielen Jahre des Mobbings, die er als Kind durchleben musste.
[youtube https://www.youtube.com/embed/wQTav4j2gjA&w=480&h=360]Bezüglich des Schauspiels war ihm als Jugendlicher jedenfalls schlagartig klar: „Das ist es, ich bin zu Hause. Das ist, was ich machen möchte.“ Das Talent war entdeckt, doch dessen Förderung kostete Geld. Weil seine Eltern nicht unbedingt finanziell gesegnet waren, musste Willis für seinen Traum hart schuften. Er arbeitete so lange als Sicherheitskraft für eine Chemiefabrik, bis er sich den Schauspielunterricht am Montclair State College leisten konnte.
Vom Romantiker zur Ein-Mann-Armee
Ertönt der Name Bruce Willis, denkt der geneigte Cineast zuerst an knallhartes Testosteron-Kino, am besten im blutgetränkten Feinripp-Unterhemd. Dabei war er am Anfang seiner Karriere ein regelrechter Softie und Frauenschwarm. Als der Ruhm noch nicht erreicht und das Haupthaar noch voll war, spielte er überwiegend in romantischen Komödien, so etwa in „Blind Date – Verabredung mit einer Unbekannten“ (1987), in der er wild mit Kim Basinger (68) turtelte.
1988 dann der Durchbruch: Barfuß ballerte sich Willis in „Stirb langsam“ durch den Nakatomi Plaza und schier unzählige Gegnerhorden. Das Action-Franchise wurde so erfolgreich, dass stand insgesamt vier Fortsetzungen folgten – zuletzt 2013, mit einem deutlich gealterten, aber nicht minder schießwütigen John McClane. Unvergessen sein berühmter, wenn auch recht kreativ ins Deutsche übersetzte Satz „Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke“ (im Original: „Yippie-Ya-Yeah, Motherfucker“).
Der Rest ist Geschichte. Ab diesem ikonischen Auftritt spielte Willis jedes Jahr in mindestens einem Blockbuster mit, ob „Pulp Fiction“ (1994), „12 Monkeys“ (1995), „Das fünfte Element“ (1997) oder „Sin City“ (2005). Den Rekord stellte er 2012 auf: In unglaublichen sechs Filmen war er in diesem Jahr vertreten, von der Komödie „Moonrise Kingdom“, dem Science-Fiction-Streifen „Looper“, bis hin zu seiner Paradedisziplin, dem Action-Feuerwerk „The Expandables 2“.
Goldkehlchen und Ladys-Man
Und wenn er mal nicht vor der Kamera stand? Dann sang Willis leidenschaftlich gerne. Zwei Alben brachte er auf den Markt, die LP „The Return of Bruno“ erlangte gar Platin-Status. Noch bis vor Kurzem trat er sporadisch mit seiner Band auf – wenn es der vollgepackte Terminkalender zuließ, versteht sich.
Sein privates Glück fand er bislang an der Seite von zwei Frauen. Von 1987 bis 2000 war er mit der Schauspielerin Demi Moore (59) verheiratet. Das Paar hat die drei gemeinsamen Töchter Rumer (*1988), Scout LaRue (*1991) sowie Tallulah Belle (*1994). Noch mehr Frauenpower wurde dem Leinwand-Macho in seiner zweiten Ehe mit dem 24 Jahre jüngeren Fotomodel Emma Heming (41) an die Seite gestellt. Die beiden wurden 2012 und 2014 jeweils Eltern einer weiteren Tochter.
Himbeere vs. Oscar
Obwohl Willis in seiner langen Laufbahn in weit über 100 Produktionen zu sehen war, reichte es bislang nie für eine Oscar-Nominierung. Im Gegenteil, Willis erhielt bereits viermal die Goldene Himbeere als schlechtester Hauptdarsteller. Die Anti-Auszeichnung, die traditionell kurz vor der Oscar-Verleihung vergeben wird, erhielt er für seine Rollen in „Armageddon“ (1998), „Das Mercury Puzzle“ (1998) sowie „Ausnahmezustand“ (1998) – und erst vor wenigen Tagen in einer eigens für ihn eingerichteten Kategorie für „Cosmic Sin“ (2021).
Ja, seine Umtriebigkeit förderte in den vergangenen Jahren nicht nur Leinwand-Perlen hervor, das mag sein. Doch genau sie könnte den eingeschworenen Willis-Fans nun zumindest ein wenig Trost schenken. Denn auch wenn der Star keine neuen Filme mehr drehen kann, zu Gesicht werden wir ihn in den kommenden Jahren wohl dennoch häufig bekommen.
Laut der Branchenseite „IMDB“ hatte Willis zuletzt noch neun Filme in der Pipeline. Zwei von ihnen, „Vendetta“ und „Fortress: Sniper’s Eye“, seien bereits fertig. Sechs weitere Streifen, deren potenzielle Qualität mal dahingestellt sei, befänden sich demnach in der Post-Produktion.
So oder so bleibt nur zu wünschen: komm bitte wieder auf die Beine, Schweinebacke!