Es ist der 11. Februar 2012 im Beverly Hilton Hotel, Kalifornien, nur Stunden vor der Grammy-Verleihung. Im Zimmer 434 stirbt die berühmte Ausnahmesängerin Whitney Houston (1963-2012). Bis heute gibt es zahlreiche Gerüchte über die Umstände ihres Todes. War es ein Unfall, Suizid oder doch ein Tötungsdelikt? Rechtsmediziner Prof. Dr. Michael Tsokos (55) und Schauspieler Jan Josef Liefers (57) haben sich auf die Suche nach den Fakten gemacht. In der Doku „Todesrätsel mit Liefers und Tsokos – Der Fall Whitney Houston“ (ab 7. Juli bei RTL+) kommen sie zu einem schockierenden Fazit.
Die Tage und Stunden vor Whitney Houstons Tod
Wie Michael Tsokos erklärt, checkte Whitney Houston mit ihrem Team bereits am 6. Februar – fünf Tage vor ihrem Tod – im Beverly Hilton Hotel ein. In der Woche vor den Grammy Awards wurde offenbar heftig gefeiert, auch am Tag zuvor. Dabei kam es zu einem erschreckenden Vorfall: Whitney Houston soll ihre eigene Tochter Bobbi Kristina Brown (1993-2015) in ihrem Hotelzimmer in der Badewanne gefunden und gerettet haben. Danach lief die Sängerin angeblich mit nassen Haaren durchs Hotel und warnte die Menschen, sie sollten sich vor Wasser hüten, es sei gefährlich.
Am 11. Februar ließ Houstons Assistentin Mary Jones Wasser in die Badewanne ihres Hotelzimmers mit der Nummer 434 ein. Um etwa 14:45 Uhr verließ sie das Zimmer und ließ den Star allein, um 15:35 Uhr kam sie in das Zimmer zurück. Jones fand die leblose Whitney Houston bäuchlings in der Badewanne und verständigte sofort den Notruf. Fünf Minuten, nachdem die Rettungskräfte eingetroffen waren, wurde sie bereits für tot erklärt. Die Obduktion ihres Leichnams fand schon am nächsten Tag statt – das Ergebnis: Tod durch Unfall. Doch entspricht das der Wahrheit oder war es ein Verbrechen?
Michael Tsokos: „Ist es ein Suizid, ein Unfall oder ein Tötungsdelikt?“
„Ein bäuchlings in einer mit Wasser gefüllten Badewanne tot aufgefundener Mensch ist mir tatsächlich in den 30 Jahren, die ich jetzt Rechtsmedizin mache, bisher noch nicht begegnet“, sagt Michael Tsokos. Normalerweise werden Tote in Badewannen in Rückenlage aufgefunden. Der Rechtsmediziner habe „Bauchschmerzen“ dabei, ob „die Öffentlichkeit wirklich im Bilde ist, was damals tatsächlich passiert ist“. Das Tragische: Nur drei Jahre nach ihrer Mutter wurde auch Tochter Bobbi leblos in Bauchlage in einer Badewanne gefunden. Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt starb sie am 26. Juli 2015 im Alter von 22 Jahren.
Bei einer Sache ist sich Michael Tsokos sicher: Dass Whitney Houston ertrunken ist, sei „zweifellos“, denn das „ergeben auch die Obduktionsbefunde“. Aber: Was hat zum Ertrinken geführt? „Eine organgesunde Frau in ihrem Alter ertrinkt nicht plötzlich in der Badewanne. Deshalb ist die Frage: Ist es ein Suizid, ein Unfall oder ein Tötungsdelikt?“, erklärt Tsokos.
Nachforschungen in Los Angeles – offenbar will niemand helfen
Der Rechtsmediziner und Jan Josef Liefers reisen zur Klärung dieser Frage zum Ort des Geschehens nach Los Angeles. Dabei werden ihnen jedoch viele Steine in den Weg gelegt: Weder die dortigen Rechtsmediziner noch die Polizei wollen mit ihnen sprechen, ebenso wenig Nahestehende von Whitney Houston. Lediglich ein Ex-Polizist und heutiger Privatdetektiv trifft sich mit ihnen. „Sie wurde umgebracht“, ist er sich sicher. „Die Polizei hat nie wirkliche Ermittlungen eingeleitet.“ So soll etwa keine Mordkommission am Tatort gewesen sein, die sich den Leichnam genauer anschaute.
„In dem Sektionsprotokoll der Kollegen aus Los Angeles gibt es wirklich mehr als einen Anhaltspunkt dafür, dass das kein Unfall gewesen sein kann, beziehungsweise, dass das eigentlich noch weitere Ermittlungen hätte nach sich ziehen müssen“, befindet auch Michael Tsokos.
Der Privatermittler Paul Huebl misst für sie ein Hotelzimmer im Beverly Hilton ab und filmt dabei. Denn dem Filmteam wird nicht gestattet, dort zu drehen. Die Hilton-Gruppe hat jegliche Unterstützung bei den Nachforschungen verweigert. Die Abmessungen der Badewannen in den Zimmern sind alle gleich. Zudem sind die Badewannen klein und schmal geschnitten – mit Absicht, damit darin niemand ertrinken kann.
Dass niemand mit ihnen kooperieren will, ist für Tsokos unverständlich. „Das stinkt alles gewaltig“, sagt er. Liefers und ihm bleibt nichts anderes übrig, als nach Berlin zurückzukehren und ihre Nachforschungen in der dortigen Rechtsmedizin weiterzuverfolgen.
Suizid ausgeschlossen?
Laut den toxikologischen Befunden stand Whitney Houston bei ihrem Tod unter dem Einfluss von Kokain, Marihuana und verschiedenen Schlafmitteln. Um diese Fakten besser einzuschätzen, holt Tsokos sich Rat bei dem forensischen Toxikologen Frank Mußhoff (57). Auch ihm sei die Bauchlage in der Badewanne noch nicht untergekommen. Weiter erklärt er, dass die Konzentration von Kokain zwar hoch gewesen sei, nicht aber die der Schlafmittel. Die hohe Dosis Kokain sei zudem „für einen Gewohnten nichts, was zu einer Handlungsunfähigkeit führt“, sagt Tsokos. Mußhoff könne sich „nicht vorstellen, wie man nach Kokain einfach umfällt in die Wanne und man ist weg, das passt nicht“.
Liefers fügt hinzu, dass Kokain eine Droge sei, die einen aufputsche und nicht schläfrig mache. Dazu hätten eher die Schlafmittel geführt – die könne man wegen der geringen Dosis jedoch „vernachlässigen“. Das erste Fazit der Doku: Ein Suizid ist ausgeschlossen.
Griffspuren an Whitney Houstons Arm – ist das der entscheidende Hinweis?
An einer Leiche mit gleichen Maßen und dem Gewicht wie Whitney Houston stellen Liefers und Tsokos weitere Nachforschungen an. Die Sängerin wies mehrere blaue Flecke an der Innenseite ihres rechten Oberarms auf. Tsokos malt diese mit einem Stift auf – dadurch wird klar: Es handelt sich dabei offenbar um Griffspuren. „Die Verletzungen, die im Obduktionsprotokoll vermerkt waren und die wir an dem Leichnam dargestellt haben, haben eigentlich nur noch einen Schluss zugelassen: Das kann kein Unfall gewesen sein, da muss eine fremde äußere Gewalteinwirkung mit im Spiel gewesen sein“, erklärt der Leiter der Berliner Rechtsmedizin.
Als Nächstes stellen Liefers und Tsokos das Bad des Hotelzimmers nach – mit allen Gegenständen, die sich dort befunden haben, und einer Badewanne mit den gleichen Maßen. Eine Frau, genauso groß wie Whitney Houston, dient als Modell. Dabei kommen sie zu dem Ergebnis: Macht sich die Frau ganz schlaff – wie bei einer Bewusstlosigkeit -, kommt der Kopf dennoch nicht unter Wasser. „Du kannst nicht aus Versehen unter Wasser rutschen“, lautet das Fazit von Tsokos. Ebenso wenig kann man sich ohne Zutun von selbst auf den Bauch drehen. Hat also eine Person Houston in diese Lage gebracht? Tsokos stellt diese mögliche Szene nach. Danach stellt er fest: „Die Griffspuren können entstanden sein, als Whitney Houston rücklings in der Badewanne lag, jemand herangetreten ist, sie gepackt, gewaltsam in die Bauchlage gebracht und dann ertränkt hat.“
War es ein Tötungsdelikt?
Laut den Nachforschungen von Tsokos und Liefers kann die Abfolge der Todesumstände, wie sie die Staatsanwaltschaft Beverly Hills festgestellt hat, also offenbar nicht stimmen. Diese nahm eine Bewusstlosigkeit infolge von Drogenkonsum, daraufhin ein Drehen in der Wanne und daraus folgend ein Ertrinken an.
„Dass Whitney Houston gewaltsam umgedreht worden ist in der Badewanne und dann unter Wasser gedrückt wurde und ertrunken ist, ist mittlerweile die für mich plausibelste und naheliegendste Erklärung“, sagt Tsokos abschließend. Für ihn sei klar, „dass wir es hier mit (…) mit einem Tötungsdelikt zu tun haben“.
Dennoch bleiben viele Fragen offen: Warum wollte niemand von offizieller Seite mit Tsokos und Liefers sprechen? Wurde ein Tötungsdelikt vertuscht? Tsokos bringt es auf den Punkt: „Wenn wir mal unterstellen – und das können wir, denke ich – dass der Staatsanwalt den Obduktionsbericht von Whitney Houston kannte, bleibt doch die Frage: Warum ist den ganzen Ungereimtheiten, den ganzen offenen Fragen nicht nachgegangen worden?“