Wie nah Lob und Tadel beieinanderliegen können, erfahren dieser Tage die Entscheidungsträger beim Streaminganbieter Netflix. In den vergangenen Wochen eilte man einerseits zum größten Erfolg der Unternehmensgeschichte, verwickelte sich andererseits aber auch in einen großen Skandal, der Menschen noch immer mit „Hateflix“-Schildern auf die Straße treibt.
Das „Squid Game“-Wunder
Die südkoreanische Serie „Squid Game“ mauserte sich binnen kürzester Zeit zum meistgestreamten Format auf Netflix. Mit ihr wird einmal mehr eindrucksvoll bewiesen, dass Produktionen abseits des US-Mainstreams ein Mainstream-Publikum begeistern können. Ähnlich wie schon beim französischen „Lupin“ oder dem spanischen „Haus des Geldes“.
An diesen Beispielen zeigt sich, das Mut belohnt wird. Diese Erfolge senden ein wichtiges Signal an Serien- und Filmschaffenden rund um den Globus, denen mitunter schlichtweg die Plattform für den Durchbruch gefehlt hat. Nicht zuletzt bringt es den Zuschauerinnen und Zuschauern innovative Geschichten ins Wohnzimmer – Völkerverständigung als Abendunterhaltung, wenn man so will.
Das „The Closer“-Debakel
Dem entgegen steht das Comedyspecial „The Closer“ von US-Star Dave Chappelle (48). Dass sich der Komiker dem derben Humor verschrieben hat, kann man dank der „Chappelle’s Show“ auch in Deutschland wissen. Definitiv bekannt war dies aber bei Netflix, wo Berichten zufolge trotz vehementer Proteste aus der eigenen Belegschaft „The Closer“ schließlich veröffentlicht wurde.
Auch das kann aus der wohlwollendsten Perspektive als mutig bezeichnet werden. Immerhin sollte dadurch die „künstlerische Freiheit“ bewahrt werden, erklärte Programmchef Ted Sarandos (57). Statt mit dieser Entscheidung einer Minderheit eine Plattform zu geben, ist jedoch das genaue Gegenteil der Fall, lauten die Vorwürfe.
Vor allem, aber nicht nur die LGBTQ-Gemeinde fürchtet, dass Chappelle mit seinen Witzen dazu beitragen könnte, dass Transgender Opfer von Gewaltverbrechen werden. Aus Netflix wird auf den Schildern von Aktivisten vor dem Firmensitz in Los Angeles daher „Hateflix“. Auch intern sei diese Befürchtung besprochen, jedoch als unbedenklich eingestuft worden. Erst, als die öffentliche Kritik wuchs, räumte Sarandos laut übereinstimmenden Medienberichten ein, „Mist gebaut“ zu haben.