Thomas Mraz: „Jede Form von Extremismus ist kontraproduktiv“

Thomas Mraz: „Jede Form von Extremismus ist kontraproduktiv“

Der Film „Eigentlich sollten wir“ von Regisseur Harald Sicheritz (66) setzt sich auf humorvolle Weise mit Themen wie Konsumkritik und Umweltbewusstsein auseinander. Hauptdarsteller und Co-Drehbuchautor Thomas Mraz (49) erläutert im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news die Entstehungsgeschichte des Filmprojekts, das sich mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzt.

Darum geht es in „Eigentlich sollten wir“

In „Eigentlich sollten wir“ verkörpert Thomas Mraz den leidenschaftlichen Familienvater und Fotografen Stefan Steindl. Gemeinsam mit seiner Frau Marion (Marleen Lohse, 41), einer selbstständigen Grafikerin, meistert er den Familienalltag mit drei Kindern in der Großstadt – mit viel Liebe, viel Stress und viel Müll.

Als Stefan eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger kennenlernt, die sich in einem Repaircafé treffen und gegen Plastik und Müll kämpfen, schließt er sich den Untergrund-Rebellen an. Die Gruppe versieht Spielwaren eines bekannten Herstellers mit konsumkritischen Botschaften, wird aber bald von der Polizei als „Terrorzelle“ eingestuft.

Die Situation verkompliziert sich, als Stefans Frau Marion ausgerechnet den Auftrag für eine neue Kampagne derselben Spielzeugfirma an Land zieht und nichtsahnend ausgerechnet Stefan als Fotografen dazu holt. Zum Doppelleben gezwungen, gerät das Familienleben zunehmend aus den Fugen.

Eine Familienkomödie ohne erhobenen Zeigefinger

„Die ursprüngliche Idee kommt von Klaus Eckel“, erklärt Mraz über seinen Co-Drehbuchautor, einem bekannten österreichischen Kabarettisten. „Wir wollten eine Familienkomödie im besten Sinne machen, aber ohne erhobenen Zeigefinger, ohne moralisierend zu wirken.“ Wichtig war den Machern, alltägliche Widersprüche darzustellen: „Spielzeug ist etwas Niedliches und positiv konnotiert, hat aber viele problematische Aspekte – von der Herstellung bis zur Menge, die sich in Haushalten ansammelt.“

Die beiden Autoren haben beim Schreiben des Drehbuchs aber auch sehr viel über die „unglaubliche Komplexität der Nachhaltigkeits-Thematik“ diskutiert. „Dabei sind wir immer wieder über den Gedanken gestolpert, dass wir mittlerweile in einer Gesellschaft leben, wo man nicht mehr alles richtig machen kann – man es nicht mehr allen recht machen kann. Auch wenn man versucht ‚richtig‘ zu leben. Es wird immer jemanden geben, der dir erklärt, dass du nicht genug machst“, so Mraz.

Auf die Frage nach politischem Aktivismus, der im Film eine tragende Rolle spielt, zeigt sich Mraz differenziert: „Es braucht sicher den Protest, um politische Änderungen anzustoßen und zu beschleunigen, aber er sollte nicht über das Ziel hinausschießen“, sagt Mraz und fügt hinzu: „Persönlich finde ich jede Form von Extremismus kontraproduktiv, da er die Stimmung der Gesellschaft weiter auflädt und deren Spaltung beschleunigt.“

Zwischen Idealismus und Familienalltag

Mraz spielt im Film einen Familienvater, der zwischen seinen früheren umweltpolitischen Idealen und dem heutigen Familienalltag hin- und hergerissen ist. Etwas, das Thomas Mraz gut nachvollziehen kann: „Ich kann mich gut daran erinnern, was ich früher alles gekauft habe. Aber dieser Gedanke, ‚Das muss ich kaufen und das will ich gerne haben‘, hat sich bei mir relativ stark weiterentwickelt.“ Der Wiener Schauspielstar konsumiert inzwischen bewusster: „Meine Smartphones kaufe ich mittlerweile nur noch refurbed – oder Preloved-Produkte, wie man so schön sagt“, erklärt er in Bezug auf gebrauchte Mobiltelefone. „Ich habe auch begonnen, meine Handys zu reparieren. Wenn der Akku nicht mehr funktioniert oder das Display kaputt ist, kann man das nachkaufen und selbst tauschen.“

In einer Szene im Film sagt Mraz‘ Figur angesichts des Shoppingverhaltens seiner Kinder: „Wir erziehen hier drei asoziale kleine Narzissten.“ Für den Schauspieler steckt durchaus ein Funken Wahrheit darin: „Ich hatte beispielsweise ein Erlebnis bei einer Erstkommunion, wo ich zwei Jungen zugehört habe. Die haben aufgezählt, was sie alles geschenkt bekommen haben – sieben Lego-Packungen, ein Trikot von Bayern München und 400 Euro in bar. Ich dachte: Das ist ja verrückt.“ Im Anschluss an seine eigene Erstkommunion sei man mit dem Fiaker zum Wiener Prater gefahren und habe sich mit der Familie auf den Fahrgeschäften amüsiert. Das war’s.

Mraz sieht in dem veränderten Konsumverhalten der Kinder eine gesellschaftliche Herausforderung: „Alles ist immer verfügbar, kaum etwas ist noch etwas Besonderes. Früher gab es ein Geburtstagsgeschenk, ein Weihnachtsgeschenk und dazwischen eigentlich keine weiteren.“

Vom Börsenmitarbeiter zum Schauspieler

Zu seinem Beruf kam der österreichische Künstler auf Umwegen. „Ich komme aus einem Arbeiterbezirk in Wien, mit wenig künstlerischen Wurzeln in der Familie“, erzählt er. Mit 23 Jahren arbeitete Mraz bei der Wiener Börse im Marketing: „Irgendwann dachte ich: Wenn ich mich gut benehme, werde ich da in Pension gehen – der Gedanke war beruhigend und gleichzeitig erschreckend.“ Dann bewarb er sich bei Schauspielschulen und begann am Konservatorium der Stadt Wien seine Ausbildung.

Heute finden sich in seiner Filmografie reihenweise Erfolgsformate wie „Vorstadtweiber“, „Der Pass“, „Kaiserschmarrndrama“, „Beckenrand Sheriff“ oder „School of Champions“.

Ein Solo-Kabarett als Geburtstagsgeschenk

Im Herbst feiert Thomas Mraz seinen 50. Geburtstag. „Eigentlich habe ich mir vorgenommen, an meinem Geburtstag ein Solo-Kabarett herauszubringen“, sagt er. Die Zeit wird für den viel beschäftigten Schauspieler nun aber doch zu knapp, weshalb die Premiere wohl erst im Januar 2026 stattfinden wird.

„Eigentlich sollten wir“ läuft am 26. März um 20:15 Uhr im Ersten und ist danach bis zum 16. April 2025 in der ARD Mediathek verfügbar.

(ili/spot)

Bild: „Eigentlich sollten wir“: Marleen Lohse und Thomas Mraz spielen Marion und Stefan Steindl. / Quelle: BR/ORF/Stefanie Leo

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