In „Tatort: Gold“, dem ersten „Tatort“ nach der Sonntagskrimi-Sommerpause (3. September, 20:15 Uhr, das Erste), ermitteln die Ludwigshafener Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, 62) und Johanna Stern (Lisa Bitter, 39) zum mysteriösen Verschwinden des jungen Boris Wolter, dem Filialleiter einer Bank, der privat eine Passion für mittelalterliche Ritterspiele hat.
Die Spur führt in den beschaulichen Pfälzer Weinort Deidesheim und zu einem atemberaubenden Fund, der nicht nur Kommissarin Stern in den Bann zieht: Bei den Münzen, die im Kofferraum des Vermissten gefunden werden, handelt es sich um jahrhundertalte, kostbare Goldstücke – und vielleicht sogar um den Schatz der Nibelungen.
Worum geht’s im „Tatort: Gold“?
In dem neuesten Fall des Ermittler-Duos Odenthal und Stern gibt es zunächst keine Leiche, sondern lediglich einen Vermissten: Boris Wolter, ein aufstrebender Banker mit einer Leidenschaft für Ritterspiele und Altertümer, ist von einem Besuch nach Deidesheim an der Weinstraße nicht zurückgekehrt. Sehr zur Sorge seiner alten Mutter, die sich schließlich zusammen mit Wolters Katze Sieglinde auf den Weg zum Ludwigshafener Polizeipräsidium macht.
Bei ihren Ermittlungsarbeiten in dem malerischen Weinstädtchen Deidesheim entdecken Odenthal und Stern im Kofferraum des dort aufgefundenen goldenen Mercedes des Verschwundenen eine Handvoll antiker Goldmünzen – offenbar frisch ausgegraben. Um eine Expertise zu den Fundstücken zu erhalten, wenden sie sich an Dr. Albert Dürr (Heino Ferch, 60), den undurchsichtigen Direktor des Wormser Nibelungen-Museums, der ihnen bestätigt, dass es sich um rund 1500 Jahre alte Relikte aus der Zeit der Völkerwanderung handelt – auf die auch die Nibelungensage Bezug nimmt.
Dürr reagiert elektrisiert und fordert sogleich die Herausgabe des Schatzes, wie es die Gesetze zum Schutz archäologischer Kulturgüter vorschreiben. Ziemlich bald wird klar, dass Dürr schon seit Längerem auf eigene Faust nach dem sagenhaften Nibelungengold sucht und sich nicht scheut, dafür auch illegale Wege einzuschlagen. Schließlich würde der Fund des Nibelungenschatzes seine Sammlung vervollständigen und seinem Lebenswerk die Krone aufsetzen. Kommissarin Stern gibt er eine Warnung mit auf den Weg: Auf dem der Sage nach von Hagen von Tronje im Rhein versenkten Schatz liege ein Fluch, der alle, die damit Berührung kämen, ins Verderben ziehe.
Eine weitere Spur führt die Kommissarinnen zur Deidesheimer Weinhändler-Witwe Susanne Bartholomae (Ulrike C. Tscharre, 51), bei der Boris Wolter kurz vor seinem Verschwinden zu Besuch war – angeblich nur, um ihren neuen Spätburgunder zu probieren. Allerdings verbanden die beiden auch weitere geschäftliche Beziehungen: Die hochverschuldete Weinhändlerin zählte zum Kundenkreis des Bankers und Kreditberaters.
Wolter bleibt weiterhin verschwunden, dafür kommen neue Verdächtige ins Spiel. Beispielsweise Wolters manische Ex-Frau Melania Wolter (Pheline Roggan, 42), die seine Leidenschaft für Ritterspiele teilte und sich nach ihrer Trennung hauptsächlich dem Alkoholrausch und einem brachialen Rachefeldzug gegen ihren ehemaligen Gefährten widmete.
In Ludwigshafen wird indes ein polizeibekannter Hehler vor seinem leeren Safe erschossen aufgefunden, in seiner Blutlache entdecken die Beamten eine weitere römisch-byzantinische Münze der Sorte Aureus Solidus, die den gleichen Ursprung haben könnte, wie die Münzen in Wolters Wagen. Als Mörderin wird recht bald die skrupellose Juwelierin und Kunsthändlerin Marie Bernard (Marie Bonnet, geb. 1985) ermittelt, bei der sich weitere potentielle Bestandteile des Nibelungenschatzes finden. Doch steckt sie auch hinter Wolters Verschwinden?
Lohnt sich das Einschalten?
Ja. „Tatort: Gold“ schafft es auf originelle Weise, dem Mythos um den Schatz der Nibelungen neues kriminelles Leben einzuhauchen. Die Struktur des Krimis folgt den vier Teilen von Richard Wagners (1813-1883) Opernzyklus „Der Ring der Nibelungen“ (1857), das Drehbuch von Fred Breinersdorfer (76) und Katja Röder /47) streut immer wieder Anspielungen auf die originale Nibelungensage (um 1200) und Wagners Oper ein. Dennoch bleibt die Handlung auch ohne Kenntnis der Nibelungensage verständlich. Grundlegende Informationen dazu vermittelt Stargast Heino Ferch, der in seiner Rolle als Direktor des Wormser Nibelungen-Museums als Erzähler durch die Folge führt und gleichzeitig zum engeren Kreis der Mordverdächtigen zählt.
Die Umsetzung des Stoffes durch Regisseurin Esther Wenger (65) überzeugt durch eine Vielzahl origineller Ideen und theaterhafter Bilder, die es zu einem Vergnügen machen, den unterschiedlichen, allesamt vom Goldrausch erfassten Charakteren bei ihrem doppelbödigen Tun zu beobachten. Ein weiteres Highlight stellt der Soundtrack dieses Nibelungen-„Tatorts“ von Robert Schulte Hemming und Jens Langbein dar, der sich kongenial an Wagners „Ring der Nibelungen“ orientiert, jedoch auf direkte Zitate verzichtet.
(tj/spot)
Bild: „Tatort: Gold“: Hauptkommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts, li.) und Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) auf der Jagd nach dem Nibelungen-Gold. Mittendrin: Stargast Heino Ferch als Museums-Direktor Dr. Albert Dürr. / Quelle: SWR/Benoît Linder