Er war der Antityp zum glattgebügelten Ermittler, der rauflustige Malocher mit Herz und Hang zur Reibung. Wenn Horst Schimanski, gespielt von Götz George (1938-2016), in den 1980er-Jahren durch Duisburgs graue Straßen stapfte, war das Fernsehen kein Abbild, sondern Angriff auf Konventionen. Jetzt, zum 75. Geburtstag der ARD, kehrt der ikonische „Tatort“-Kommissar für ein Revival in die Mediathek zurück – mit sieben ausgesuchten Episoden und der begleitenden Dokumentation „Die Akte Schimanski“, die Götz George, die Figur und ihre Wirkung in den zeitgeschichtlichen Kontext stellt.
Ein Geschenk für Krimifans, ein Statement der ARD zur eigenen Geschichte und vielleicht sogar ein kleines kulturhistorisches Ereignis.
Schimanski – der Archetyp der Unangepasstheit
Als Schimanski 1981 auf die Bildschirme kam, war das mehr als ein Rollenwechsel im Krimigenre – es war ein Riss im „Tatort“-Kosmos. Seine abgewetzte Parka-Jacke wurde zum Erkennungszeichen, seine unorthodoxe Art zur Rebellion gegen die bürgerliche Fernsehordnung. Statt Elfenbein-Turm-Ermittlungen gab es Straßenstaub, rohe Dialoge und echtes soziales Elend. Schimanski war ein Spiegelbild einer veränderten Republik, gezeichnet von Wirtschaftskrisen, Umbrüchen und wachsenden Ungleichheiten.
Die ARD würdigt diese Figur nun mit sieben ausgewählten Folgen, die ab Anfang April in der Mediathek verfügbar sind:
Sieben Filme, sieben Kapitel deutscher Fernsehgeschichte
Jede dieser Folgen ist mehr als ein nostalgischer Blick zurück. Sie sind Momentaufnahmen gesellschaftlicher Realitäten, filmisch verdichtet in Schimanskis unverwechselbarem Stil. Ob im Kampf gegen Korruption, beim Aufbrechen von Machtstrukturen oder im Selbstzweifel eines alternden Ermittlers – diese Krimis zeigen ein Fernsehen, das Haltung bezieht.
Florian Hager, ARD-Vorsitzender, betont im Rahmen des Jubiläums: „Durch unser Programm müssen wir Brücken bauen, Perspektiven erweitern und den Dialog fördern.“ Kaum eine Figur in der deutschen Fernsehgeschichte verkörpert diesen Anspruch so unversöhnlich und zugleich menschlich wie Schimanski. Er war nie Konsens – aber immer Gespräch.
Das Comeback von Schimanski ist Teil des großangelegten ARD-Jubiläumsprogramms unter dem Motto „75 Jahre. Fürs Erste!“. Neben Schimanski sind auch Serienklassiker wie „Kir Royal“, „Monaco Franze“ oder „Raumpatrouille Orion“ wieder abrufbar – ein Kaleidoskop deutscher Fernsehgeschichte.
(ili/spot)
Bild: Zur Feier des 200. „Tatort“ wurde erstmals 1987 eine Episode für das Kino produziert. Götz George hatte als Horst Schimanski in „Zahn um Zahn“ einen Auftritt auf dem Motorrad zusammen mit einer Gruppe Rocker. / Quelle: WDR/Bavaria/Thomas R. Schumann