Schauspieler Udo Wachtveitl (66) ist genervt von „Tatort“-Klischees. Das erzählt er in der Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“, die am 31. Dezember erscheint. In der Feuilleton-Spezialausgabe kommen unter anderem Menschen zu Wort, die ihr Amt oder ihren Beruf 2024 oder 2025 aufgegeben haben oder aufgeben. Wachtveitl wird im kommenden Jahr seinen letzten München-„Tatort“ drehen. Seit 1991 spielt er in der beliebten Krimi-Reihe im Ersten, doch er hadert mit manchen Klischees in den Drehbüchern.
„Die stören mich schon, die Klischees. Ich habe im ‚Tatort‘ zum Beispiel selten einen reichen sympathischen Menschen gesehen. Wenn aber die Krimiwirklichkeit so anders ist als das, was die Zuschauer auf anderen Kanälen erfahren, ist das ein Problem, eine Wirklichkeitsverzerrung“, findet der Darsteller von Kommissar Franz Leitmayr. „Man muss neugierig sein auf die Welt, wie sie wirklich ist. Und davon erzählen.“
„Ich seh mich nicht gern selbst“
Er selbst schaue sich seine „Tatorte“ nicht an, weder die alten noch die neuen. Aber aus seinem anderen Grund: „Ich seh mich nicht gern selbst. Ist mir nicht angenehm.“ Bis vor zehn Jahren habe er an Pressevorführungen des Bayerischen Rundfunks teilnehmen müssen. „Das war für mich furchtbar.“
Mit ihm wird sich nach der 100. Episode, die 2025 gedreht wird, auch sein Kollege Miroslav Nemec (70) verabschiedet. Wachtveitl überlegt, ob man ein solches Ermittler-Paar überhaupt noch so casten würde. „Ein paar Jahre später hätte man das vielleicht gar nicht mehr so gemacht, zwei weiße, etwa gleich alte, ähnlich disponierte Typen zusammenzuspannen. Da hätte der Zeitgeist schon gefordert, dass mindestens einer von beiden eine Frau sein muss. Oder dass es diverser zugehen muss.“Das sei aber „nicht automatisch ein Ausweis von Qualität“. Er registriere oft bei „Tatort“-Filmen „so einen Originalitätswillen, da muss es noch diese Marotte geben und jene exquisite seelische Deformation einer Figur, das kommt mir vor wie ein Zeichen von Verlegenheit, weil einem keine richtig packende Geschichte eingefallen ist“. Man solle „die Genreregeln nicht überdehnen“.
Ausstieg passt „in jeder Hinsicht“
Wie die beiden lang gedienten Schauspieler sich von der Sonntagabend-Reihe verabschieden werden, bleibt übrigens noch spannend. Denn: „Es ist noch nicht entschieden“, sagt er in „Die Zeit“. „Aber wir würden gern ohne dramatische Überhöhung gehen.“ Die Entscheidung, sich nach fast 35 Jahren zu verabschieden und zu gehen, „solange es die Leute noch schade finden“, sei jedoch richtig. „Es passt jetzt in jeder Hinsicht. Ihm wird wohl auch nicht die Decke auf den Kopf fallen, schließlich habe er auch schon neben dem „Tatort“ an anderen Projekten gearbeitet. „Ich hab zum Beispiel jetzt einen Asterix ins Münchnerische übersetzt; das hat sehr viel Spaß gemacht.“
(ae/spot)
Bild: Udo Wachtveitl spielt seit 1991 Kommissar Franz Leitmayr im München-„Tatort“. Nach 100 Episoden verabschiedet er sich zusammen mit seinen Kollegen Miroslav Nemec. / Quelle: action press/AEDT