Rainhard Fendrich: Die Austropop-Legende wird 70

Rainhard Fendrich: Die Austropop-Legende wird 70

Rainhard Fendrich ist der Kopf hinter Austropop-Kultsongs wie „Macho, Macho“ oder „Es lebe der Sport“. Der Wiener hat sich nie auf seinem Erfolg der 80er ausgeruht. Bis heute teilt der Liedermacher seine musikalischen Gedanken mit seinen Fans, die ihn bald auch wieder auf der Bühne zu sehen bekommen. Zu seinem 70. Geburtstag und einem besonderen Jubiläum wird er seinen „heiligen Boden“ betreten.

Hitgarant mit Wiener Schmäh

Fendrich wurde 1955 in Wien geboren. Seine Eltern, ein Maschinenbauingenieur und eine Mannequin, hatten wenig Zeit für ihn, die Wertschätzung des strengen Vaters blieb auf der Strecke. Auch deshalb sehnte sich Fendrich nach Anerkennung und Bewunderung, die er später auf der Bühne fand. Als Schüler ein Einzelgänger, machte er nach zwei Ehrenrunden mit 20 Jahren sein Abitur, ein anschließendes Jurastudium brach er ab. Stattdessen versuchte er sich schnellstens von der Familie zu lösen, indem er sein eigenes Geld verdiente. Nach Stationen als Chauffeur oder Postbote sprang er für einen Schauspieler am Theater an der Wien ein. Sein erster Einsatz war beim Musical „Chicago“.

Nicht auf der Theaterbühne, sondern auf der Musikbühne sollte Fendrich dann der große Durchbruch gelingen: Nach seinem ersten Studioalbum „Ich wollte nie einer von denen sein“ (1980) brachte er 1981 die Single „Strada del Sole“ heraus und landete mit seiner etwas anderen Hommage an den eigentlich so geliebten Italienurlaub einen Sommerhit. Während der Liedermacher mit bissigem Humor und seinen scharfen Beobachtungen in seiner Heimat mit den darauffolgenden Singles „Schickeria“, „Oben ohne“, „Weus’d a Herz hast wia a Bergwerk“ oder „Es lebe der Sport“ längst als Shooting-Star der Austropop-Szene gefeiert wurde, gelang dem Sänger mit seinem Wiener Schmäh der einschlagende Chart-Erfolg in Deutschland erst mit „Macho, Macho“. Das binnen wenigen Minuten geschriebene Lied sollte eine ironische Anspielung auf einen Zeitschriftenartikel sein, der eine Entwicklung vom Softie zum Macho hin forderte.

Fendrich, der mit Austria 3 von 1997 bis 2006 und den Mitgliedern Wolfgang Ambros (72) und Georg Danzer (1946-2007) auch Banderfahrung sammelte, eroberte zudem die Herzen der deutschen TV-Zuschauer, als er von 1993 bis 1997 die ARD-Kuppelshow „Herzblatt“ souverän moderierte.

1989 schenkte er mit „I Am from Austria“ seinem Land eine wahre Bundeshymne, die wie viele seiner Lieder bis heute populär ist. Im vergangenen Jahr wurde sie zum EM-Fansong erkoren, was Fendrich eine große Ehre gewesen sei, „dass dieses Lied so leidenschaftlich von den Fans gesungen wird und somit unsere Nationalmannschaft unterstützt“, sagte er im Juni 2024 im Gespräch mit spot on news.

Zwischen Höhenflug und Schicksalsschlag

Die 1980er-Jahre brachten also den langersehnten Erfolg und die Wertschätzung. Fendrich genoss das Dasein neben Größen wie Falco in der Wiener Künstlerszene. Über seine Hochphase sagte er kürzlich im Interview mit der „Bild“-Zeitung: „Wenn du dein ganzes Leben keine Anerkennung bekommst und plötzlich irgendwann auf der Bühne gefeiert wirst, bekommst du natürlich einen Höhenflug. Es gab eine lange Zeit, in der alles, was ich anpackte, sofort gelang.“ Erst im Laufe der Jahre seien auch die Misserfolge gekommen, die ihn demütiger werden ließen.

Auch mit einem privaten Schicksalsschlag musste der Vater von drei Söhnen hadern. Und er beschäftigt ihn bis heute. Tochter Theresa, der er Songs wie „Die Rosen“ oder jüngst „Und das Herz schlägt weiter“ gewidmet hat, ist 1989 im Alter von nur 17 Monaten gestorben. „Das kannst du nicht wegstecken, man lernt nur damit umzugehen“, erzählte er Anfang Februar im ZDF-Talk „Volle Kanne“. „Das sind Amputationen, mit denen du Leben musst. Wenn ein geliebter Mensch geht, dann bleibt ein Phantomschmerz, ein Leben lang.“ Die Trauer um seine Tochter war auch mit ein Auslöser für seine heute überstandene Kokainsucht, die er 2006 hinter sich ließ.

Haltung und Heimatliebe

Neben Unterhaltung auch Tiefgang: Fendrich scheute in seiner Karriere nie vor politischen Botschaften zurück. Er sagt seine Meinung, will aber keine Ratschläge verteilen. „Politik ist das, was unser Leben, unsere Zukunft regelt“, sagte er Anfang Februar im Talk „MDR um 4“. „Die Weichen werden durch die Politik gestellt. Jeder, der sagt, er ist an Politik nicht interessiert, ist nicht an seiner Zukunft und an der Zukunft der Kinder interessiert.“

Fendrich äußert sich zur Flüchtlingsdebatte, zu Trump oder Putin, auch wenn er damit aneckt. „Ich habe keine Angst vor einem Shitstorm. Ich habe schon so viele gehabt, das überlebt man“, sagte er im Januar im „oe24.TV“-Interview. Und er wurde noch deutlicher: „Ich kann nur sagen, liebe Shitstürmer, mir geht das wirklich am Popo vorbei. Aber ich finde es schade, dass es überhaupt notwendig ist. Mir tun eigentlich die Leute leid, die mit dieser Heckenschützen-Mentalität ihren Hass loswerden wollen. Die werden ihn aber nicht los. Der wird immer mehr und die werden immer kränker.“

Auch wenn es um die angespannte politische Lage in seiner Heimat geht, bleibt er nicht still. „Ich finde vieles nicht in Ordnung in diesem Land, aber ich liebe meine Heimat. Und man kann auch seine Heimat lieben, ohne andere zu hassen.“ In Wien würden ihm so viele Sachen auf die Nerven gehen, aber er liebe diese Stadt und wollte nie woanders leben. „Ich fühle mich da wirklich wohl, mit allem Genörgel. Ich fühle mich im 10. Bezirk sauwohl“, sagte der zu einem Frühaufsteher gewordene Sänger, der mit seinem Hund gerne durch sein Viertel läuft. Die schillernden Zeiten der 80er vermisst er dabei offenbar nicht: „Heute ist es für mich kein Gewinn mehr, bis vier Uhr morgens an der Bar zu stehen und angedudelt mit irgendwelchen Leuten über die Welt zu philosophieren“, sagte er der „Bild“. „Ich bin noch nicht in der Nachspielzeit, aber meine Zeit ist wertvoller geworden.“

Noch lange nicht „Baba“?

Privat genießt der Sänger heute am liebsten die Ruhe mit „seiner Frau“. Angesprochen auf seine Partnerin, gab sich Fendrich im MDR-Talk zurückhaltend: Über die Beziehung der beiden werde man nichts erfahren. „Das ist ein Geheimnis, das wird es auch bleiben.“ Musikalisch bleibt Fendrich am Ball. Seine treue Fangemeinde weiß das zu schätzen und verhilft dem Musiker bis heute zu Charterfolgen. Die Studioalben „Schwarzoderweiß“ (2016) und „Starkregen“ (2019) landeten jeweils gleich in der ersten Woche an der Spitze der österreichischen Albumcharts und erreichten Platinstatus. Ende Januar 2025 veröffentlichte Fendrich sein neuestes Werk „Wimpernschlag“, das ebenfalls auf dem Charts-Thron landete. In Österreich erreichten damit insgesamt 14 seiner Studioalben Platz 1 der offiziellen Albumcharts.

Nicht nur die aktuellen Songs wird Fendrich dieses Jahr dann auch noch auf die Bühne bringen, auch seine Kultsongs wird er im Gepäck haben, wenn er mit „45 Jahre Rainhard Fendrich Live – Nur ein Wimpernschlag“ ab April 2025 durch Deutschland, Österreich und die Schweiz tourt. „Das ist mein Leben, die Bühne ist heiliger Boden, ich freue mich sehr auf die Konzerte“, sagte er im MDR-Talk.

Und wie geht es musikalisch weiter? Wie viele Alben er noch in sich habe, wisse er nicht. „Im Moment keines, es ist alles raus. Texte und Musikideen müssen reifen. Wenn man alles selber arrangiert, brauche ich Minimum drei Jahre für ein Album.“ Seine Gedanken zur Welt wird Fendrich sicherlich weiter auf Papier bringen. Sollte dann doch einmal der finale Song anstehen, ist die Titel-Idee nur naheliegend: „Baba“. Bis dahin ist das Wichtigste für ihn: „Ich bin mit mir zufrieden. Ich bin in meiner Mitte angekommen, ich genieße die Zeit, mit Menschen zu sprechen und auf der Bühne zu stehen“, sagte er bei „Volle Kanne“. In der inneren Mitte angekommen, blickt er deshalb auch gelassen auf die 70. „Meine Zeit wird nun immer kostbarer, aber ich habe keine Panik“, betonte er im „Bild“-Interview. „Die Natur ist deshalb nicht grausam, nur der Mensch. Der Tod ist etwas ganz Natürliches, nur vor dem Sterben habe ich ein bisschen Angst.“

(jom/spot)

Bild: Rainhard Fendrich hat mit „Macho, Macho“ in Deutschland den Durchbruch geschafft. / Quelle: ddp/Leopold Nekula/VIENNAERPORT

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