Komikerin Martina Hill (48) hat in der Comedy-Szene eine steile Karriere hingelegt. Alles fing bei „Switch reloaded“ 2007 an, setzte sich mit der „heute-show“ 2009 fort und mündete in „Die Martina Hill Show“, die seit 2018 ausgestrahlt wird. Für ihre Arbeit hagelte es bereits zahlreiche Preise, darunter unter anderem der Deutsche Comedypreis, der Grimme-Preis und der Bambi. Dabei räumte sie sowohl als Ensemble-Mitglied als auch als Einzelkünstlerin ab.
Seit 26. Januar ist sie auch im Kino in „Caveman“ zu sehen. Mit ihrer eigenen Amazon-Serie „HILLarious“, die am 9. Februar erscheint, setzt sie den nächsten Meilenstein. In der Sketch-Comedy mit dem Motto „Ich mach was ich will!“ schlüpft sie wieder in die verschiedensten Rollen, von der Möchtegern-Rapperin über die alternative Mutter bis hin zur Auswanderin.
Wie sie all ihre Projekte schafft, warum sie die „Comedy-Schublade“ ursprünglich fürchtete und warum „Binge Reloaded“ nichts für sie war, erklärt sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
Seit 26. Januar läuft „Caveman“ im Kino, am 9. Februar startet „HILLarious“ auf Amazon Prime Video, parallel laufen noch weitere Projekte. Was überwiegt bei Ihnen gerade: Freude und Erleichterung oder die Erschöpfung?
Martina Hill: Ich bin überglücklich, dankbar und stolz bei so tollen Projekten mit an Bord zu sein, das ist einfach traumhaft und ein absoluter Segen. Das letzte Jahr hatte es zwar arbeitstechnisch in sich, gar keine Frage, aber wenn man für etwas brennt, so wie ich in dem Fall, dann bringe ich eine Menge Power auf und bin quasi „unstoppable“. (lacht) Ich liebe meinen Beruf. So ein großes und intensives Projekt wie „HILLarious“ ist ein langer Weg, zumal ich nicht nur vor der Kamera mitwirke, sondern den kompletten Prozess davor und danach begleite. Das ist kostbare Lebenszeit, die ich dankbarerweise mit tollen und lieben Leuten verbringen darf. Die Freude und der Spaß an der Sache trägt mich bei der Arbeit und überträgt sich hoffentlich auch auf das Format.
Das Motto in „HILLarious“ lautet: „Ich mach was ich will.“ Die Show trägt Ihren Namen. Wann haben Sie erkannt, dass Ihr Weg der Richtige ist, dass Ihnen keiner von außen reinreden braucht?
Hill: Filmemachen ist Teamwork, dessen muss man sich immer bewusst bleiben. Ohne mein Team kann ich maximal Handy-Videos drehen, aber nicht so eine Staffel stemmen. Aber es braucht auch immer einen, der eine Vision hat, wohin die Reise gehen soll und da bin ich froh und dankbar, dass ich da unterdessen meine Ideen verwirklichen kann. Ich habe mit den Jahren immer mehr Erfahrungen gesammelt, immer weiter hinter die Kulissen geblickt. Ich habe schon immer an meinen Texten mitgeschrieben, anders hätte ich damals bei „Switch reloaded“ zum Beispiel auch gar nicht parodieren können.
Da war das ganz wichtig, die Floskeln und gewisse Feinheiten der Figuren auch in den Text mit einfließen zu lassen, um die Parodie wirklich „rund“ werden zu lassen. Und von Projekt zu Projekt ist es dann immer mehr geworden, bis sich da mein eigener Stil herauskristallisiert hat. Ich habe schon immer auf mein Bauchgefühl gehört und nur das gemacht, wovon ich überzeugt war. Deswegen bin ich froh und dankbar, das jetzt so weitermachen zu dürfen. Was nicht heißt, dass ich beratungsresistent bin, dafür habe ich mein Team.
Sie sind ja auch seit den Anfängen eine feste Größe bei der „heute-show“. Wieviel Politik steckt in Ihrer Arbeit auch außerhalb des ZDF?
Hill: Natürlich steckt mehr Politik in einer Satire-Sendung, wie der „heute-show“, als in einer reinen Sketch-Comedy wie „HILLarious“. Aber auch da behandeln wir die Probleme des Alltags und streifen dadurch hier und da alltagspolitische Themen, aber ohne den Fokus darauf zu legen.
Mit „Switch reloaded“ gelang damals der große Durchbruch. Hätten Sie beim Start des Projekts gedacht, dass Ihre Zukunft in der Comedy liegt?
Hill: Im Leben nicht. Und witzigerweise war das nie mein Plan. Ich weiß noch, dass ich in meinen Anfängen totale Angst hatte, in der Comedy-Schublade zu landen. Ich wollte Drama. Aber gerade in der Anfangszeit nach der Schauspielschule blieben die Anfragen erstmal dürftig und meine Miete wollte trotzdem gezahlt werden. Ich war das ewige Rumjobben und Kellnern nach den vielen Jahren irgendwann leid und hab einfach jede Gelegenheit ergriffen, die sich mir damals bot.
Und als ich die Möglichkeit hatte, an einem Comedy-Casting in Köln teilzunehmen, habe ich mein Glück einfach versucht. Ich hätte niemals ernsthaft damit gerechnet, dass ich mit meiner Performance, die ich mir in meiner kleinen 25 Quadratmeter Hinterhof-Wohnung dafür ausgedacht hatte, tatsächlich etwas reißen könnte und sie mir am Ende sogar meinen ersten festen Job beim Fernsehen verschafft.
Sie bekommen jetzt Ihre eigene Amazon-Serie, einige Ihrer Kollegen waren bei Prime Video bereits in „Binge Reloaded“ zu sehen. Hätten Sie da damals auch gern wieder mitgemacht?
Hill: Sechs Staffeln „Switch reloaded“ waren für mich die mit Abstand größte Spielwiese auf der ich mich austoben und ausprobieren konnte. Ich liebe es nach wie vor, zu parodieren. Das werde ich auch immer wieder machen, wenn es mir in den Fingern juckt, wie zum Beispiel damals bei Kiwi in der „Martina Hill Show“, aber ein reines Parodie-Format wäre mir gerade zu einseitig.
Ihr „Caveman“-Kollege Moritz Bleibtreu hat uns erzählt, dass Sie am Set immer hochprofessionell und seriös sind. Ist es schwer, beim Dreh immer ernst und bei der Sache zu bleiben?
Hill: Das hat er gesagt? Da fühle ich mich geehrt. Ich nehm‘ mich selbst gar nicht immer als so professionell und ernst wahr. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Leute oft irgendwie erwarten, dass man als Comedian den ganzen Tag nur Blödsinn im Kopf haben muss und nicht ernst sein kann. Das stimmt natürlich auch – aber ich kann mich zusammenreißen, wenn es nötig ist. (lacht) Und natürlich ist die Atmosphäre am Set hochprofessionell und der Sache angemessen.
Nur dann läuft so eine große Maschine, wie ein Filmset. Aber wenn dann alles richtig gut läuft, entstehen auch die Freiräume, in dem man dann etwas über die Stränge schlagen kann. Das kommt dann auch ganz auf die Szene an! Je größer der Quatsch ist, den ich vor der Kamera mache, desto schwerer fällt es mir, die Fassung zu behalten. Und gerade, wenn ich mich ganz besonders konzentrieren muss, ist ein hysterischer Lachkrampf ein hervorragendes Ventil, um den Druck abzulassen. Aber trotzdem bleibt es natürlich Arbeit, und am Ende des Tages muss die Szene im Kasten sein.
Sie bereiten sich immer akribisch auf Ihre Projekte vor, das sind ja auch nicht wenige. Wie funktioniert Ihre Work-Life-Balance?
Hill: Das ist in der Tat nicht immer ganz einfach, zumal Kreativität keine Uhrzeit kennt. Deswegen muss ich mir dann ganz gezielte Auszeiten nehmen. Während der Dreharbeiten dominiert ganz klar die „work“-Phase und dann ist die Auszeit nur die Schlafenszeit. Da bleibt keine Zeit für Freizeit. Wenn ich zum Beispiel in der Bucharbeit stecke, habe ich relativ normale Bürotage, an denen ich mir dann auch mehr Freizeitprogramm aufdrücken kann. Aber wenn mir abends auf der Couch eine gute Idee kommt, schnapp ich mir trotzdem das Laptop und erwisch mich, wie ich bis in die Nacht an Texten tippe.
In Ihren Sketchen nehmen Sie ja gerne so klassische Familien und Erziehungsmodelle auf die Schippe. Inwiefern fließen da auch Ihre eigenen Erfahrungen mit ein?
Hill: Also bei so mancher Idee, frag ich mich oft selber, aus welcher Ecke ich die geholt habe. Ich hole mir überall Inspirationen her, aus meinem eigenen Alltag, aus meinem und Umfeld und ganz viel Input kommt da auch von unserem genialen Autorenteam.
Was würden Sie Paaren raten, die das erste Mal Eltern werden?
Hill: Geht vorher noch mal richtig schön in Ruhe essen und danach ins Kino. Dazu werdet ihr nämlich die nächsten fünf, sechs Jahre nicht mehr kommen.
(jer/spot)
Bild: Komikerin Martina Hill (re.) schultert in „HILLarious“ sogar ihren Kollegen und Gast-Star Kurt Krömer (li.), wenn es sein muss. / Quelle: Willi Weber Fotografie