Diese arme schöne Frau: ganz allein in einem Schlangenpfuhl. Alle wollen ihr nur Böses. Da ziehen leicht Schatten über eine empfindsame Seele. Wenn dann mal die himmelblauen Augen strahlen, dann nur im Tränenglanz. Dazu passt perfekt das wehmütige Lächeln der Dame, die Hollywood und der ganzen Welt offenbart hat, wie wunderschön doch Herzeleid sein kann.
So hat Krystle Carrington vielen Millionen TV-Zuschauern fast zehn Jahre lang gezeigt, wie man in der 80ern in der Intrigantenhölle der legendären Serie „Der Denver-Clan“ bestehen und irgendwie sogar überleben kann. Die Schauspielerin Linda Evans (80) war das berühmte Gesicht der Krystle Carrington, dem einzigen wirklich guten Menschen der Kultserie, das heißt sie ist es immer noch: Die liebe Krystle ist die herzensgute Linda.
80. Geburtstag für Linda Evans
„Der Denver-Clan“ hat sie einzigartig gemacht. Sie und ihre ebenfalls wunderschöne, doch abgrundtief bösartige Gegenspielerin Alexis Carrington Colby, die kongenial von der britischen Schauspielerin Joan Collins (89) verkörpert wurde. Beide Damen – zu ihren Glanzzeiten wirklich weltberühmte Stars – haben mittlerweile ein stolzes Alter erreicht. Die „Hexe“ Joan Collins wird nächstes Frühjahr 90 – und die liebe Linda Evans feiert am 18. November ihren 80. Geburtstag.
Nur selten offenbaren Schauspieler eine kongruente Wesensgleichheit von Figur und dem eigenen Ich, so wie es bei Linda Evans und ihrem Alter Ego Krystle Carrington der Fall ist. Sie hat in ihrem traumhaften Beruf viel erreicht, doch das Leben hat ihr auch immer ein bisschen wehgetan, meist in Gestalt von Männern.
Ehe mit John Derek
Das begann mit Ehemann Nummer eins, dem Hollywood-Schönling John Derek (1926-1998). Er hatte die hübsche Tochter des Tänzer-Ehepaars norwegischer Abstammung Arlene und Alba Evenstad in den 60er-Jahren kennengelernt. Die Familie war von der Ost- zur Westküste nach North Hollywood gezogen, und Linda, die sich der Einfachheit halber Evans nannte, nahm Schauspielunterricht, um ihre angeborene Schüchternheit zu überwinden – und traf im Star-Biotop von Hollywood auf John Derek.
Der hatte bei zwei Monumentalfilmen („Die zehn Gebote“ und „Exodus“) mitgespielt, war mit halb Hollywood befreundet und versuchte sich als „Playboy“-Fotograf und Filmregisseur. In erster Ehe war er mit Pati Behrs, einer Großnichte des russischen Großdichters Leo Tolstoi, verheiratet. Ehefrau Nummer zwei wurde die Schweizerin Ursula Andress, die als erstes Bond-Girl in „James Bond jagt Dr. No“ weltbekannt wurde. Als Derek sich in Linda Evans verliebte, ließ er sich scheiden und heiratete 1968 seine neue Flamme.
Da hatte Linda bereits ihre ersten Auftritte in der beliebten Western-Serie „Big Valley“ hinter sich. Es dauerte nicht besonders lang, da hatte John Derek allerdings eine neue Beute im Visier. Die hieß damals noch Mary Cathleen Collins und machte bereits halb Hollywood verrückt.
Zweite Scheidung
John Derek blieb bei seinem bewährten Verhaltensmuster. Er schenkte Linda 1973 reinen Wein ein, ließ sich scheiden und heiratete die Neue, die anschließend als Bo Derek eine Film- und Fotokarriere als angeblich schönste Frau der Welt machte. Doch als diese der 14 Jahre älteren Linda den Mann ausspannte, war das „ein Schock für mich und total unerwartet“, sagte Evans 2021 der „Bild am Sonntag“. Letztendlich habe Bo ihr einen Gefallen getan, „denn ohne sie hätte ich nicht wieder mit der Schauspielerei angefangen und so auch ‚Denver-Clan‘ nie gedreht.“ Das habe ihr Leben „komplett verändert. Die Serie war ein Gottesgeschenk für mich, das ich mir nie hätte vorstellen können“. Und mit Bo Derek hat sie sich seit dem Tod von John Derek im Jahr 1998 häufig getroffen und „immer gut mit ihr verstanden“.
Auch ihre zweite Ehe (1976-1981), diesmal mit dem Grundstücksmakler Stan Herman, ging nach fünf Jahren in die Brüche, ebenso wie die flüchtige Liaison mit dem Schauspieler Lee Majors und die Beziehung mit dem zwölf Jahre jüngeren griechischen Musiker Yanni, der sie kurz vor ihrem 50. Geburtstag verlassen hatte. Die Traumfrau, die ihr Ex-Mann John Derek für den „Playboy“ fotografierte, hatte partout kein Glück in der Liebe.
„Wunschvorstellung“ hat sich geändert
Damit hat sie sich arrangiert. „Ich habe mir mein ganzes Leben gewünscht, einen Mann und Kinder zu haben, die klassische Familie eben. Dieser Traum hat sich leider nicht erfüllt“, sagte sie im Sommer 2021 in einem Interview mit „Bunte“. Inzwischen habe sich ihre „Wunschvorstellung geändert. Ich bin viel glücklicher ohne Mann. Ich liebe mein Leben, so wie es ist“.
Die Schauspielerei ist – abgesehen von einem Gastauftritt 2020 auf dem deutschen „Traumschiff“ – vorbei. Ihre beste Freundin Bunky Young, auch Mitglied des „Denver-Clans“, ist vergangenes Jahr im Alter von 90 Jahren gestorben. Und die andere Freundin, Ursula Andress, ihre Vorgängerin als Ehefrau von John Derek, ist mittlerweile 86, lebt in Rom und kommt angeblich nur noch selten in die USA. Die alten Hollywood-Kontakte sind weitgehend gekappt.
Auch die ständig wiederkehrenden Gerüchte, sie habe sich Faceliftings unterzogen, haben Linda Evans die Nähe zu den Traumfabriken vergällt. Zuletzt hatte ihre „Denver“-Erzrivalin Joan Collins, mit der sie 2006 immerhin mit dem Theaterstück „Legends“ über den Kleinkrieg von zwei alternden Hollywood-Diven durch Nordamerika tourte und die auch privat ein waffenscheinpflichtiges Mundwerk hat, in ihren Memoiren „My Unapologetic Diaries“ geätzt: „Wie soll man jemanden ignorieren, der mit einem Pflaster am Augenlid zum Set kommt? Alle anderen Schauspieler haben sich dann gefragt: ‚Was hat sie sich machen lassen?'“
Abschied von Hollywood
Mit ihrem weltweiten Image von der Glamour-Queen mit unwiderstehlicher Blondmähne hat Linda Evans radikal aufgeräumt. Sie habe jahrelang an Depressionen und chronischen Rückenschmerzen gelitten, die berühmte Krystle-Frisur „ist nur eine Perücke“, die Haare seien ihr durch die starken Medikamente ausgefallen. Von ihren Rückenschmerzen sei sie inzwischen durch mehrere Operationen geheilt.
Von Hollywood, wo sie mit einem Stern auf dem Walk of Fame verewigt wurde, hat sie sich mittlerweile ganz verabschiedet. Linda Evans lebt jetzt auf einem 30 Hektar-Anwesen in Tacoma im ländlichen Bundesstaat Washington im Nordwesten der USA. Auf dem Grundstück hat auch ihre Schwester mit ihrem Sohn ein kleines Haus gebaut. Um sie herum Natur pur – und unverstellte Menschen. Das ist es womöglich, wonach sie ihr Leben lang gesucht hat.