Durch den Millionengewinn bei „Wer wird Millionär?“ wurde er bekannt, mittlerweile ist Dr. Leon Windscheid (35) als Redner, Eventmanager und Moderator aktiv. Mit Comedian Atze Schröder (59) spricht er im Podcast „Betreutes Fühlen“ unter anderem über das Tabuthema Depression. Auch Inklusion ist ihm ein Anliegen, wie er im Interview beim Besuch eines Förderprojekts der Aktion Mensch erklärt: „Ich habe ein paar wenige Themen, die mich selber sehr umtreiben. Psychische Gesundheit ist eines. Eine Gesellschaft, die zusammenhält und nicht ausgrenzt, ein anderes. Dafür mache ich mich gern stark.“
Seit rund fünf Jahren führen Sie gemeinsam mit dem Comedian Atze Schröder durch den Erfolgspodcast „Betreutes Fühlen“. Auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Kombination, wie kam es zur Zusammenarbeit?
Dr. Leon Windscheid: Wir sind beide in der gleichen Agentur und dort hatte jemand die Idee, uns zusammen in einen Podcast zu setzen. Als ich dann meinen Lehrer-Eltern gesagt habe, ich mache einen Podcast mit Atze Schröder, den die meisten mit seinen Auftritten auf RTL verbinden, wollten sie mich im ersten Moment enterben. Als sie die erste Folge gehört haben, war aber schnell klar: Ich spreche mit der Person hinter der Bühnenfigur Atze Schröder.
Warum ergänzen Sie sich gut, was zeichnet Ihre Zusammenarbeit aus?
Windscheid: Atze hat die Erfahrung und die Geschichten aus dem Leben dabei und ich habe die Studien und wissenschaftlichen Erklärungen. Wenn man merkt, dass Atze dann plötzlich Seneca zitiert, dann checkt man, dass die Kombination aus uns beiden einen totalen Mehrwert hat. Er sagt zwar immer, wir hätten am Anfang gefremdelt, aber ich hatte immer das Gefühl, wir haben von Anfang an gematcht. Mittlerweile ist eine echte Freundschaft entstanden.
Im Podcast sprechen Sie auch über nicht so leichte Themen wie Depression oder Ängste – warum ist es so wichtig, sich über sensible Themen und die eigenen Gefühle auszutauschen?
Windscheid: Leider sind psychologische Probleme häufig immer noch ein großes Tabuthema. Ich glaube, dass wir dieses Stigma von psychischen Krankheiten wie Alkoholismus oder Depression aufbrechen müssen. Da gehört auch dazu, die Leute dort abzuholen, wo sie sind. Wenn wir etwas dazu beitragen können, das zu ändern, indem wir offen über diese Themen sprechen, tun wir das sehr gern.
Glauben Sie, dass Ihr Podcast einen Einfluss darauf hat, wie Menschen über bestimmte Themen denken? Welches Feedback bekommen Sie?
Windscheid: Kürzlich hat mir Ralph geschrieben. Manager, Chef einer Firma. Der hat lange mit sich gerungen und sich dann schlussendlich doch vor sein Team gestellt und gesagt, dass er eine Therapie machen wird, weil er psychische Probleme hat. Ralph meinte, unser Podcast hätte ihn zu dieser Offenheit ermutigt. Sowas berührt mich doch immer wieder. Weil gerade Männer in Deutschland ja gern auf hart machen.
Sie haben jetzt ein Förderprojekt der Aktion Mensch in Rhede besucht, die gemeinnützige Kissenmanufaktur Herbalind. Wie war Ihr Eindruck von diesem inklusiven Betrieb?
Windscheid: Großartig! Wirklich. Hier haben alle zusammengearbeitet, ein tolles Produkt hergestellt und man hatte wirklich sofort das Team-Gefühl. Mit oder ohne Behinderung, das stand gar nicht im Vordergrund, sondern: beste Qualität herstellen und zusammenhalten.
Haben Sie selbst Berührungspunkte mit Menschen mit Behinderung? Warum ist Ihnen das Thema wichtig?
Windscheid: Meine Tante wurde mit Down-Syndrom geboren. Also gab es schon immer in meinem Leben Berührungspunkte. Das Thema bedeutet mir deswegen besonders viel, weil ich als Psychologe weiß, wie wichtig Menschen Verbindung ist. In unserer Gesellschaft habe ich aber oft das Gefühl, dass ausgegrenzt wird. Dagegen etwas tun, das zählt!
Sehen Sie es für sich als Verpflichtung an, sich als Prominenter für wichtige gesellschaftliche Themen zu engagieren?
Windscheid: Nein, verpflichtet ist man nicht. Ich habe ein paar wenige Themen, die mich selber sehr umtreiben. Psychische Gesundheit ist eines. Eine Gesellschaft, die zusammenhält und nicht ausgrenzt, ein anderes. Dafür mache ich mich gern stark.
Gewinne – wie auch bei der Aktion Mensch – ermöglichen Menschen, Träume zu verwirklichen. Was glauben Sie, wie würde Ihr Leben heute aussehen, wenn Sie vor fast zehn Jahren nicht die Million bei Günther Jauch gewonnen hätten?
Windscheid: Ich habe vor kurzem auf meinem Computer ein Dokument von 2014 gefunden, das hieß „Leons Lebensplan“. Da stand drin „Du machst das Studium fertig, dann gehst du zu McKinsey und promovierst. Dann gehst du nochmal an eine Top-Uni im Ausland, und dann steigst du voll in die Unternehmensberatung ein.“ Dafür, dass ich als Kind zweier Lehrer das Sicherheitsdenken zur Seite schieben konnte und mich getraut habe, etwas zu machen, bei dem mir das Herz aufgeht, bin ich dem Gewinn von damals sehr dankbar.
Ihren Gewinn investierten Sie unter anderem in ein Boot. Wie kam es dazu und wie läuft es mit dem Event-Schiff MS Günther?
Windscheid: Damals wurde mir von allen davon abgeraten. Aber als der Freund, mit dem ich das angegangen bin, und ich die künftige MS Günther gesehen haben, waren wir uns sofort sicher, dass dieses Schiff es wird. Heute läuft sie als Event- und Kulturlocation besser denn je. Es arbeiten dort rund 40 Mitarbeiter und wir sind bis zum St. Nimmerleinstag ausgebucht.
Als Unternehmer, Fernsehmoderator, Podcast-Host, Autor und Entertainer sind Sie ein echter Allrounder. Welche Pläne und Ziele haben Sie für die Zukunft?
Windscheid: Ehrlich gesagt, würde ich gern einfach so weitermachen, wie in den letzten Jahren und Monaten. Ab November startet mein neues Live-Programm „Alles perfekt“, worauf ich mich sehr freue. Atze sagt immer so schön, wir haben das Glück, dass sich das alles gar nicht wie Arbeit anfühlt, und das merke ich jeden Tag. Es ist immer wieder toll, wenn ich spüre, Leute interessieren sich für Psychologie, haben Lust auf Kommunikation und Fakten.
(obr/jmk/spot)
Bild: Leon Windscheid sitzt für einen guten Zweck an der Nähmaschine. / Quelle: Tanja Knipping