Drogenkonsum, Mobbing, Essstörung – die ARD-Serie „Schattenseite“ behandelt viele sensible Themen. Vor allem geht es um den Umgang mit dem Internet und Social Media. Am 26. Oktober feiert die sechsteilige Thriller-Serie TV-Premiere im Ersten. Direkt im Anschluss an den „Tatort: Letzte Ernte“ werden ab 21:45 Uhr die ersten beiden Episoden der Romanverfilmung aus der Feder von Jonas Ems (28) gezeigt. Der Kölner YouTube-Star schrieb nicht nur die Vorlage, sondern arbeitete auch am Drehbuch mit und übernahm eine kleine Nebenrolle.
Als Content Creator kennt Ems sowohl die Chancen als auch die Gefahren der digitalen Medien. Auf YouTube folgen dem 28-Jährigen knapp drei Millionen Menschen. Sie und die persönlichen Geschichten, die sie mit ihm teilen, inspirierten ihn zu dem 2019 erschienenen Roman. „Im Grunde ist alles, was in ‚Schattenseite‘ passiert, eine abgewandelte Version von Ereignissen, die real schon so passiert sind“, verrät er im Interview mit spot on news. Trotz der Kritik, die er und die Serie an Social Media üben, sieht er in den Plattformen aber auch viel Positives.
Was hat Sie zu Ihrem Roman „Schattenseite“ inspiriert?
Jonas Ems: Ich werde auf Social Media immer wieder mit diesen Themen konfrontiert. Es kommt häufig vor, dass mich Follower direkt über Instagram anschreiben und mir ihre Geschichten erzählen. Da sind dann auch Fälle dabei, bei denen zum Beispiel Bilder von ihnen in der Schule herumgingen und die ungefragt weitergeleitet wurden. Mir ist aufgefallen, dass es noch keinen Roman gibt, der sich im fiktionalen Bereich mit dieser Thematik auseinandersetzt. Das hat mich dazu inspiriert, diesen Roman zu schreiben. Denn durch meine Arbeit auf Social Media weiß ich auch, dass sich fast jeder junge Mensch im Internet aufhält, aber es darüber a) zu wenig Aufklärung gibt und b) noch nicht so viele Geschichten darüber erzählt wurden.
Basiert „Schattenseite“ also auf wahren Geschichten, die Ihnen erzählt wurden?
Ems: Ja. Im Grunde ist alles, was in „Schattenseite“ passiert, eine abgewandelte Version von Ereignissen, die real schon so passiert sind.
In „Schattenseite“ werden ganz viele sensible Themen behandelt. Welche lagen Ihnen besonders am Herzen?
Ems: Mir lag vor allem die Frage am Herzen: Was macht das mit uns, dass unser Smartphone so viel über uns weiß? Wahrscheinlich mehr als unsere Eltern und unsere besten Freunde. Denn alles, was wir machen, findet in irgendeiner Form eben auch im Internet statt. Das fängt schon in Foren an, in denen man Informationen und vielleicht auch Hilfe sucht, weil man zum Beispiel unter einer Essstörung leidet. Selbst eine geheime Liebschaft ist auf dem Smartphone sichtbar.
Alles passiert übers Internet, über Chatverläufe, über Bilder, die in der Cloud sind. Ich habe mich gefragt: Ist es möglicherweise vielleicht sogar befreiend, wenn diese Dinge rauskommen? Vielleicht war es am Ende des Tages sogar gut und wichtig, sich anzuvertrauen und die Dinge nicht nur für sich zu behalten. Den Mut zu haben, sich anzuvertrauen, war für mich auf jeden Fall auch ein wichtiges Thema. Diesen Mut hatten die Protagonisten in der Serie zwar nicht, stattdessen wurden sie dazu gezwungen. Aber die Botschaft ist da, dass es vielleicht guttun kann, sich frühzeitig anzuvertrauen, bevor die Dinge eskalieren.
Wie kam es dazu, dass Sie selbst eine kleine Nebenrolle übernommen haben?
Ems: Das war tatsächlich ein Wunsch der Produktion. Sie fanden es nett, wenn ich als Autor des Buchs eine kleine Rolle spiele. Da habe ich natürlich sehr gerne mitgemacht. So kam es zu dieser Figur in der Serie, die es im Buch gar nicht gibt.
Als Content Creator gibt es zahlreiche Videos und Bilder von Ihnen im Internet. Haben Sie jemals eines davon bereut?
Ems: Nein. Also ich würde sagen, ab und zu bereue ich Videos, bei denen ich anschließend das Gefühl habe, nicht differenziert genug recherchiert zu haben. Seit ein paar Jahren widme ich mich in meinen Videos vor allem dem Tierschutz und anderen gesellschaftskritischen Themen. Mir ist es sehr wichtig, dass mein Content auch Substanz hat. Da ich wöchentlich ein Video auf YouTube veröffentliche, passiert es leider manchmal, dass Dinge etwas ungenau oder vielleicht sogar falsch recherchiert wurden. Darüber ärgere ich mich dann. Aber dass ich, wie bei „Schattenseite“, etwas hochgeladen hätte, was ich bereue könnte, habe ich zum Glück noch nicht gemacht. Das wird mir hoffentlich auch nicht passieren.
Auf Social Media werden Bücher immer beliebter. Wie sehen Sie das BookTok-Phänomen?
Ems: Ich finde das großartig. Auch wenn „Schattenseite“ und meine Videos den digitalen Medien kritisch gegenüberstehen, möchte ich trotzdem sagen, dass Social Media definitiv auch seine positiven Seiten hat. Und ich finde BookTok ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie Social Media Communitys aufbauen kann. Ich mag den Gedanken daran sehr, dass deswegen wieder mehr Bücher von jungen Leuten gelesen werden, die über viele Jahre den Zugang dazu mehr und mehr verloren haben. Dass man Social Media quasi nutzen kann, um sich auszutauschen, finde ich sehr gut und ich glaube, das kann sehr helfen. Sicherlich gibt es bei manchen Genres auch Aspekte, die man kritisch betrachten sollte. Aber das BookTok-Phänomen finde ich grundsätzlich toll.
Das Ende von „Schattenseite“ ist sehr offen gehalten. Gibt es eine Chance für eine Fortsetzung?
Ems: Ja, die Chance gibt es auf jeden Fall. Es müssen einfach nur genug Menschen die Serie anschauen, sodass auch der Streamer eine zweite Staffel bestellt. Von meiner Seite kann ich auf jeden Fall sagen, dass ich absolut Lust darauf hätte, eine zweite Staffel zu entwickeln. Deswegen endet es so offen. Beim Roman habe ich es mir damals auch offen gehalten, einen zweiten Teil zu schreiben. Das habe ich dann aber nie gemacht. Darum müsste eine zweite Staffel komplett neu entwickelt werden.
(sv/spot)
Bild: Jonas Ems ist in der Verfilmung seines Romans „Schattenseite“ in einer kleinen Nebenrolle zu sehen. / Quelle: © ARD Degeto Film/HR/funk/Dreamtool Entertainment GmbH/Elliott Kreyenberg



