Jörg Draeger: Dann will er mit „Geh aufs Ganze!“ aufhören

Jörg Draeger: Dann will er mit „Geh aufs Ganze!“ aufhören

Nachdem die erste Staffel der Spielshow-Neuauflage von „Geh aufs Ganze!“ mit guten Quoten überzeugte, kehrt die Sendung erneut zurück. Ab 8. Dezember (donnerstags, 20:15 Uhr in Sat.1 und auf Joyn) wird Moderator Jörg Draeger (77) gemeinsam mit Kollege Daniel Boschmann (42) eine weitere Staffel und drei neue Folgen in Sat.1 präsentieren.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt Draeger, wie er sein TV-Comeback erlebt hat, warum er der zweiten Staffel entspannt entgegensieht und wann er mit „Geh aufs Ganze!“ aufhören würde. Zudem blickt der Moderator auf sein Jahr mit einer Reise auf dem Jakobsweg zurück und verrät, wie er mit seiner Familie Weihnachten verbringt.

Wie war das erfolgreiche „Geh aufs Ganze!“-Comeback für Sie?

Jörg Draeger: Es hat Spaß gemacht, aber es war auch harte Arbeit. Die Vorbereitungszeit war wirklich herausfordernd, eine Freitagabendshow mit 110 Minuten zur Primetime schüttelt man nicht ebenso aus dem Ärmel. Für alle Beteiligten war das ein sehr harter Job. Aber mein Alter hat dabei Vorteile: Ich bin gelassen an die Sache herangegangen, die Quote ist für mich jetzt nicht mehr das alles Entscheidende. In den Neunzigern war das noch was anderes. Da hast du jeden Tag auf die Zahlen gesehen und gebangt, ob es überhaupt weitergeht. Das war diesmal völlig weg. Auch habe ich mir früher nie meine Sendung angeguckt. Es sei denn, der Regisseur hat gesagt: „Du hast so einen Mist gebaut, schau dir das bitte an, damit das nicht noch mal passiert.“ Jetzt habe ich die drei Sendungen der ersten Staffel ganz entspannt mit Familie und Freunden angeguckt.

Waren Sie zufrieden mit Ihrer Performance?

Draeger: Also dafür, dass die Zeit so knapp war für alle Vorbereitungen können wir mehr als zufrieden sein. In rund sechs Wochen wurde es geschafft, das Studio einzurichten, Sponsoren für die Preise ranzuholen, die Spiele zu kreieren und zu überlegen, was wir von früher übernehmen und was nicht mehr dem Zeitgeist entspricht. Ich bin aber davon überzeugt, dass in der zweiten Staffel noch einmal ein qualitativer Sprung zu merken ist. Wir hatten dieses Mal mehr Zeit, wir konnten für mich unverzichtbare Spiele aus den Neunzigern modernisieren und ihnen einen neuen Anstrich verpassen. Auch das Zusammenspiel mit Daniel Boschmann hat sich verbessert. Man muss sich vorstellen, dass wir uns vor der ersten Staffel ein Mal getroffen. Da kann man von zwei Kerlen nicht erwarten, dass sie in einer Arena stehen und pausenlos verbales Pingpong leisten. Wir haben uns jetzt näher kennengelernt und sind inzwischen befreundet und das wirkt sich natürlich auf die Sendung aus.

Wie war die Umstellung für Sie, mit jemandem zusammenzuarbeiten?

Draeger: Die Art von „Geh aufs Ganze!“, wie wir sie jetzt produziert haben, war nicht meine Vorstellung, also eine Show am Abend mit über 90 Minuten Länge und zwei Moderatoren. Ich habe da einen Kompromiss gemacht, aber ich hatte ja die freie Entscheidung auch zu sagen, dass ich das so nicht will. Aber schon aus Neugierde und auch aus der Freude heraus, es überhaupt machen zu können, habe ich das akzeptiert. Und ich muss sagen, die Rolle, die Daniel einnimmt, ist sensationell. Er macht das wirklich toll, ich hatte oft Tränen vor Lachen in den Augen. Wir haben es geschafft, dass jeder in seinem Bereich glänzen kann, ich übernehme die Spiele, er die Kandidatenauswahl.

Hätten Sie alleine entscheiden dürfen, wie hätte die Show dann ausgesehen?

Draeger: Hätte die Verantwortung alleine bei mir gelegen, wäre es eine Vorabendsendung mit etwa 60 Minuten geworden. Ich wäre rausgekommen, hätte angefangen zu spielen und gemacht, was ich will. Das war früher so, aber ich muss auch einsehen, dass das heute nicht mehr funktionieren würde. Wie in vielen anderen Branchen ist auch hier alles korrekter, cleaner geworden. Früher galt: Wenn ich stolpere, wenn ich was Falsches mache oder Blödes sage, muss ich aus diesem Dilemma auch selbst wieder rauskommen. Das nicht alles perfekt ist, war genau das, was Zuschauer toll fanden. Aber als Sender oder Produktion kann man sich das nicht mehr leisten. Durch Social Media bist du sofort der Kritik ausgeliefert.

Ihre verstorbene Mutter hat Ihr TV-Comeback noch mitbekommen…

Draeger: Meine Mutter ist vor rund einem Jahr mit 100 Jahren friedlich eingeschlafen. Sie wohnte bei uns im Haus, kam die Treppe alleine rauf und runter. Sie hat noch gerne ihren Piccolo getrunken und ihr Zigarettchen geraucht. Am Vorabend hat sie noch Rommé gespielt und am nächsten Morgen zum Frühstück habe ich hochgerufen und sie kam nicht. Meine TV-Rückkehr hat sie tatsächlich noch mitbekommen, aber so richtig hat sie das nicht verstanden, wenn ich auf dem Bildschirm auftauchte und gleichzeitig neben ihr saß (lacht). Manchmal sagte sie: „Ach, guck mal, der sieht ja aus wie du.“

Ist Ihre Mutter denn ein Vorbild für Sie, was das Alter anbelangt?

Draeger: Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm da oben. Er hört mich an und ich habe ihm versucht klar zu machen, dass ich gerne 100 werden würde, wenn das so wie bei meiner Mama wäre. Das Schlimme am Tod ist das Altern davor, wenn du nicht mehr in der Lage bist, alles selbst zu machen, alles selbst zu regeln. Bei meiner Mutter war das anders. Wir sind zum Beispiel noch zusammen in den Urlaub gefahren und sie hat sich selbst ihr Essen gemacht. Nur alleine im Haus haben wir sie nicht mehr gelassen, für den Fall der Fälle.

Wie blicken Sie auf die anstehende zweite Staffel „Geh aufs Ganze!“?

Draeger: Ich finde es toll, wie es gelaufen ist, ich hoffe auch weiterhin auf eine gute Quote, aber es haut mich nicht um, wenn es jetzt beim zweiten Mal nicht mehr funktioniert. Das ist jetzt für mich nicht mehr das Wichtigste, sondern das ist definitiv die Familie. Wenn es von außen wirklich mal heftig wird, dann hilft die Familie. Als ich zum Beispiel bei „Big Brother“ war, haben sich meine Frau und meine Tochter drei Wochen in Köln eingemietet und haben jeden Tag auf der Tribüne der Show gesessen. Auch bei den Aufzeichnungen zu „Geh aufs Ganze!“ waren sie immer dabei.

Wann wäre für Sie der Zeitpunkt gekommen, mit „Geh aufs Ganze!“ aufzuhören?

Draeger: Ich möchte nicht, dass meine Frau oder jemand anders mich noch mit Gewalt auf die Bühne schieben muss. (lacht) Eine Gameshow in meinem Alter zu machen, ist schon wagemutig. Aber ich weiß, dass ich mich definitiv nicht lächerlich gemacht habe und ich denke, dass ich auch noch Kraft genug habe, eine dritte Staffel zu machen. Dann würde ich wahrscheinlich langsam ans Aufhören denken. Aber ich bin von „Geh aufs Ganze!“ ganz und gar durchdrungen. Ich habe meine Würfel immer mit und spiele pausenlos mit irgendwelchen Menschen. Das ist schon zu meinem Hobby geworden, was mich jung hält und sicherlich nie ganz aus meinem Leben verschwinden wird.

Haben sich noch andere TV-Pläne, die Sie verwirklichen wollen?

Draeger: Ich hatte mal konkret vor, eine Talkshow im Nachtprogramm zu machen. Aber mir wurde schnell klar: Harald Schmidt wird, was den deutschen Markt angeht, nie zu toppen sein. Er hat diesen bärbeißigen Humor, der verbal schlimm rüberkommt, aber nicht wirklich weh tut. Das ist genau das, was man für eine schöne nächtliche Talkshow braucht. Das ist alles lange her, mittlerweile bin ich wunschlos glücklich.

Rückblickend auf das Jahr: Sie sind erneut den Jakobsweg gelaufen, dieses Mal wieder mit Ihrer Tochter. Wie war die Reise?

Draeger: Es war grausam. Ohne dass ich es wusste, habe ich mir Corona eingefangen. Als die ersten Anzeichen kamen, war ich aber schon in Bilbao. Wir haben uns drei, vier Tage isoliert und als mir wieder grünes Licht gegeben wurde, hat mir ein Arzt geraten, sofort nach Hause zu fahren und mich ins Bett zu legen. Aber ich habe gesagt: „Na, ich werde es euch mal zeigen. Wir laufen.“ Dann haben wir uns auf den Weg gemacht und die ersten zehn Tage waren wirklich hart. Ich bin sieben, acht Kilometer gelaufen und konnte nicht mehr. Ich habe keine Luft bekommen, es ging nichts mehr. Aber ich wollte auch nicht aufgeben und habe mich jeden Tag gequält. In der dritten Woche haben wir dann immer etwa 20 Kilometer geschafft und irgendwann sind wir in Santiago angekommen. Meine Kardiologin in Berlin meinte danach, dass die Pumpe leider ganz schön beeinträchtigt wurde, aber mittlerweile ist wieder alles gut. Nächstes Jahr will ich dann noch mal den vollen Jakobsweg laufen.

Wie klappt so eine Reise mit Ihrer Tochter?

Draeger: Ich bin jetzt mit meiner Tochter und meinem Sohn jeweils drei Mal gelaufen. Das ist etwas Einmaliges, was sich da zwischen Kind und Vater abspielt. Meine Tochter ist jetzt 21 und studiert, der Sohn ist 26 und schreibt gerade seine Doktorarbeit in Medizin. Die verbringen dann drei Wochen, 24/7 mit ihrem Papa. Diese gemeinsame Zeit hast du nie, wenn du zu Hause bist, du lernst deine Kinder noch mal von einer völlig anderen Seite kennen und andersherum. Man geht vor sich hin, schweigt sich an oder redet stundenlang. Bei der zweiten Reise fragte meine Tochter aus heiterem Himmel, warum ich ihre Mama liebe. Da musste sie mir erst einmal ein paar Minuten geben, um eine passende und ehrliche Antwort zu finden. Als ich sie gegeben habe, hat meine Tochter geheult und da wusste ich, dass sie richtig war.

Ist Ihnen durch ihren starken Familienzusammenhalt dann auch Weihnachten besonders wichtig?

Draeger: Ja. Die Kinder sind an Weihnachten immer zu Hause. Meine Frau kocht jedes Jahr und es wird immer Gänsebraten aufgetischt. Es gibt einen Weihnachtsbaum und zwei Weihnachtsgeschichten, eine davon von meiner Tochter, und mein Sohn spielt am Klavier. Wir zelebrieren das wirklich so wie vor 100 Jahren. Ohne meine Mutter wird es sicherlich ein bisschen anders sein, aber mit meiner Frau habe ich bereits besprochen, dass wir den Tisch für sie eindecken werden. Sie wollte immer eine Keule haben, und die bekommt sie auch.

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