In der neuen fünfteiligen Amazon-Show „One Mic Stand“ coacht Comedy-Star Tedros „Teddy“ Teclebrhan (38) Schauspieler Fahri Yardim (41) vor seinem ersten Stand-up-Auftritt als Comedian. „Er ist der sympathischste, aber auch der verwirrteste Lehrer der Welt“, erklärt Yardim im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news über seinen Mentor. Ab dem 15. Juli können Interessierte auf Amazon Prime Video mitverfolgen, wie Yardim „sehenden Auges ins Verderben“ rennt.
Neben dem 41-Jährigen sind auch weitere prominente Persönlichkeiten, die keinerlei Erfahrung mit Stand-up-Comedy haben, mit dabei: Harald Schmidt (64) machte es sich zur Aufgabe, die Fußballstars Mats Hummels (33) und Christoph Kramer (31) zu Komikern auszubilden. Der inoffizielle Favorit der Show, Prof. Dr. Karl Lauterbach (59), läuft unter der Anleitung Hazel Bruggers (28) zur Höchstform auf.
Wie ist es zu Ihrer Teilnahme an „One Mic Stand“ gekommen. Haben Sie sich freiwillig gemeldet?
Fahri Yardim: Nein, aber du kannst ja nicht Nein sagen, wenn Teddy dich fragt. Er hat mich angerufen und gesagt: ‚Willst du dich von mir coachen lassen? Dann auf die Bühne gehen und in kürzester Zeit ein einstudiertes Programm aufführen?‘ Er vertraut mir mehr, als ich mir selbst zutraue. Es müsste mich eigentlich zu Tränen rühren, dass er solche Chancen eröffnet, aber natürlich birgt diese Show auch die Gefahr, dass man an seine Grenzen stößt. Es ist schon sehr vermessen zu glauben, man könne in diese Kunstform – Stand-up-Comedy – mal eben so herein stolpern und dann irgendwie die Hütte abreißen. Im Grunde hat er durch sein Zutrauen eine Fallhöhe gebaut, um mich dann gnadenlos auf die Bretter klatschen zu lassen. So hüpfte ich sehenden Auges ins Verderben.
Anders als Ihre Mitstreiter Karl Lauterbach und Mats Hummels haben Sie bereits mit der Serie „jerks.“ Comedy-Erfahrung sammeln können. War das ein Vorteil für Sie?
Yardim: Für mich war die Show eine komplett neue Welt. Zudem behaupten wir immer etwas selbstverliebt, „jerks.“ sei eigentlich eine Drama-Serie. Lebt die beste Komödie doch vom wahrhaften Scheitern. Ich dachte, ich könnte da anzapfen. Aber letztendlich sind mir in diesem Stress, in dem ich fast erstarrt bin, nur Pillermann-Witze eingefallen. Ich wollte geliebt werden und Standing Ovations bekommen. Stattdessen gab es wohlwollende Lacher und ein bisschen Mitgefühls-Klatschen. Ich glaube, für den Zuschauer ist dieses Zittern auf der Bühne spannend, dieses Neuland, dieser zappelnde Fisch außerhalb des Beckens.
Wie verlief das Coaching mit Teddy?
Yardim: Er ist neben Jacques Palminger – diesem ewigen Geheimtipp – eine lebende Legende im Comedy-Bereich. Das Problem ist: Er ist zwar unfassbar talentiert, aber auch ein unfassbar unterspannter Coach! Er ist der sympathischste, aber auch der verwirrteste Lehrer der Welt. Wahrscheinlich bin ich auch der schlechteste Schüler, weil ich das, was er versucht hat, mir mitzugeben, in meiner Angststarre nicht hören wollte. Davon lebt unsere Folge und das Desaster nimmt seinen Lauf.
Teddy als Ihr Coach wollte, dass Sie Stand-up-Comedy neu definieren. Wie würden Sie denn selbst Ihren Humor beschreiben?
Yardim: Ich will das Ende nicht vorwegnehmen, aber mein Humor ist kaum vorhanden. Das ist eine von vielen bitteren Erkenntnissen. Ich war quasi auf den Ohren blind. Ich hätte ihm besser zuhören sollen und mehr atmen müssen. Mir fehlt dieses Selbstverständnis, das Teddy besitzt, dass er loslassen kann und das Absurde übertreiben. Sein Humor lebt nicht von Pointen, sondern von dem Auskosten des Unnötigen. Ich dagegen hatte nur Panik und habe mich krampfhaft an ein Gerüst aus irgendwelchen schlechten Pointen geklammert. Allein diese verwirrten Blicke des Publikums. Ich habe vergessen, welche Energie dieser Live-Moment mit sich bringt. Man muss es sich erst erarbeiten, diese Energiequelle anzapfen zu können. Ich war wirklich jungfräulich und beknackt. Ein beknackter Clown.
Was würden Sie Stand-up-Comedy-Newcomern empfehlen, um mit dieser ungewohnten Bühnensituation besser umzugehen?
Yardim: Kleiner anfangen und nicht gleich auf dieser großen Bühne. Es war ein pompöses Theater mit mindestens 1.000 Plätzen. Im Leben braucht es kleine Überforderungen, um zu wachsen. Aber das war eine riesige Faust ins Gesicht. Alles schien unglaublich professionell zu sein, diese Weltklasse-Band zum Beispiel – nur ich nicht.
In vielerlei Hinsicht ist diese Show wesentlich entlarvend. Im Grunde erfüllt sich darin diese große Angst eines jeden Künstlers, entlarvt zu werden und am Ende blank und doch nur gewöhnlich Mensch zu sein. Hinter all den Wünschen herauszuragen, eigentlich ein Nichts zu sein. „One Mic Stand“ hat mich vorgeführt und gleichzeitig bin ich dankbar für diese Erfahrung, weil es eine Art ‚Sterben lernen‘ ist. Und jenem modernen Narzissmus fröhlich die Beine bricht.
War die Teilnahme an der Show nach diesen dramatischen Erfahrungen dann wortwörtlich ein „One Mic Stand“ oder wird doch etwas Langfristiges daraus? Könnten Sie sich eine Zukunft als Comedian bzw. Entertainer vorstellen?
Yardim: Teddy ruft mich alle zwei Wochen an und fragt, wann ich eine eigene Show vorbereite und durch kleine Clubs tingele. Die, die mich aus „jerks.“ kennen, wissen, es würde ein vulgäres Feuerwerk, aber die Eier, die mir bei One Mic verloren gegangen sind, die müssten erst wieder wachsen. Und die wachsen langsam.
Viele Zuschauer sind schon sehr gespannt auf Karl Lauterbach, der ebenfalls an der Show teilgenommen hat. Wie schätzen Sie seinen Humor oder seine Entertainment-Skills ein? Hatten Sie Kontakt zu den anderen Kandidaten?
Yardim: Wir hatten keinen Kontakt, aber ich finde, der Typ ist Entertainment pur. Es ist wirklich herausragend, wie er einerseits sehr ernsthaft ist und sich gleichzeitig selbst karikiert. Ich bewundere Menschen, die in einem so humorlosen Feld wie der Politik noch diese Distanz zu sich behalten. Das macht ihn sympathisch. Er erscheint und die Leute grinsen.
Das heißt, die Leute haben schon gelacht, bevor er etwas gesagt hat?
Yardim: Ich denke, er besticht durch gutes Timing und Trockenheit, aber das muss Hazel [Brugger, sein Coach] beurteilen. Was ich wirklich an ihm liebe, ist seine ungefährliche Männlichkeit. Die ist einladend. Da gucke ich gerne hin, weil mich nicht direkt dieses Ego-Gebelle anspringt.
Haben Sie einen persönlichen Favoriten unter den Teilnehmern?
Yardim: Ich freue mich auf jede und jeden Einzelnen. Ich gehe davon aus, dass es alle anderen besser gemacht haben, weil sie viel disziplinierter sind als ich.
Und ich bin in den letzten Jahren einfach viel Vadder gewesen. Was ich gerne bin, trotz der Erschöpfung. Deswegen bin ich in der Show auch gerne gescheitert. Ich glaube, das Scheitern ist das schönste Angebot, das ich machen konnte.
Das liebe ich an diesem Format – dass es Verletzlichkeit zulässt. Es gibt einem die Möglichkeit, in einem wertschätzenden Rahmen verletzlich zu sein. In diesem Rahmen fühlte ich mich wohl, eben auch meine Verletzlichkeit zuzulassen.