Im Missbrauchsprozess gegen Sean „Diddy“ Combs (55) hat die Hauptzeugin und Ex-Partnerin des Musikmoguls, Casandra „Cassie“ Ventura (38), ihre Aussage am dritten Prozesstag fortgesetzt – mit weiteren schwerwiegenden Vorwürfen, die ein verstörendes Bild der Beziehung der beiden zeichnen.
Bereits am Dienstag beschrieb Ventura in einer emotionalen Aussage vor Gericht eine über Jahre hinweg von Gewalt und Manipulation geprägte Beziehung. Am heutigen Mittwoch berichtete sie detaillierter über die von Combs organisierten sogenannten „Freak Offs“ – sexuelle Begegnungen mit fremden Männern, die Combs nicht nur inszeniert haben soll, sondern offenbar auch dokumentierte, um Ventura damit zu erpressen.
Bilder von „Freak Offs“ vor Gericht gezeigt
Wie verschiedene Medien berichten, wurden im Gerichtssaal explizite Bilder und Videos gezeigt, auf denen Ventura zusammen mit männlichen Sexarbeitern zu sehen ist. Combs habe sie laut ihrer Aussage dazu gezwungen, an diesen Akten teilzunehmen, wobei sie sich „gedemütigt“ und „wertlos“ gefühlt habe. Besonders verstörend: Diese intimen Aufnahmen nutzte Combs nach Angaben der Zeugin später, um sie emotional zu erpressen und „in der Spur“ zu halten.
Cassie identifizierte sich selbst und mehrere der beteiligten Männer auf den Aufnahmen. Die Öffentlichkeit war während der Präsentation der Materialien ausgeschlossen; nur das Gericht und die Geschworenen durften sie sehen. In ihrer Aussage erklärte sie zudem, dass sie während dieser „Freak Offs“ häufig Drogen konsumierte – unter anderem Ketamin -, um sich von dem Erlebten zu distanzieren. Die Substanzen seien ihr teilweise von Combs zur Verfügung gestellt worden.
Cassie Ventura schildert Gewalt in Hotelvideo
Darüber hinaus bekräftigte Ventura ihre Schilderungen zu körperlicher Gewalt in der Beziehung. Unter anderem ging es um das bereits zuvor bekannt gewordene Überwachungsvideo aus einem Hotel in Los Angeles von 2016, auf dem zu sehen ist, wie Combs sie angreift. Sie habe sich nicht gewehrt, weil er sonst „noch gewalttätiger“ geworden wäre, zitiert das „People“-Magazin aus der Aussage.
Laut BBC wurden der Jury Selfies von jenem Tag gezeigt, die sie mit einem blauen Auge und geschwollenen Lippen zeigen. Eine Freundin Venturas habe aus Sorge anschließend die Polizei gerufen. Beamte hätten sie später befragt, sie habe Combs‘ Namen aber nicht genannt. Allerdings habe sie ihn in Chatnachrichten gebeten, ihr fernzubleiben.
Chatverläufe veröffentlicht
Im Gericht wurden außerdem Textnachrichten verlesen, die Ventura im Januar 2017 an Combs schickte. Darin distanzierte sie sich von den „Freak Offs“ und schrieb: „Nichts Gutes kommt mehr daraus.“ In derselben Nachricht bezeichnete sie ihn als „Ike Turner“ – eine Anspielung auf den berüchtigten, gewalttätigen Ex-Ehemann von Tina Turner (1939-2023). Dies deutet darauf hin, dass sie bereits damals versuchte, sich aus der destruktiven Beziehung zu befreien.
So geht der Diddy-Prozess weiter
In den kommenden Tagen wird die Verteidigung mit dem Kreuzverhör beginnen. Beobachter rechnen damit, dass Combs‘ Anwälte versuchen werden, Venturas Glaubwürdigkeit infrage zu stellen – gleichzeitig müssen sie jedoch behutsam vorgehen, da Ventura derzeit hochschwanger ist und unter starkem emotionalem Druck steht.
Casandra Ventura verklagte Combs bereits im Jahr 2023 wegen jahrelangen Missbrauchs. Die Klage wurde beigelegt, soll aber die strafrechtlichen Ermittlungen mit ausgelöst haben.
Der Prozess, der voraussichtlich acht Wochen andauern wird, könnte wegweisend für den Umgang mit Machtmissbrauch in der Musikbranche werden. Die Aussagen Venturas lassen bereits jetzt erahnen, wie komplex und systematisch der angebliche Missbrauch durch Combs gewesen sein soll. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Rap-Mogul unter anderem Menschenhandel, sexuelle Nötigung, Erpressung und Förderung von Prostitution vor. Combs bestreitet alle Vorwürfe und plädiert auf nicht schuldig.
(ncz/spot)
Bild: Casandra „Cassie“ Ventura und Sean „Diddy“ Combs waren von 2007 bis 2018 on und off in einer Beziehung. / Quelle: ddp
