Um die Jahrtausendwende mischte ein weißer Junge aus Detroit im US-Bundesstaat Michigan urplötzlich die von Schwarzen dominierte Hip-Hop-Szene auf. Slim Shady war der absolute Elternschreck, der von Sex, Drogen und Gewalt rappte und immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt kam. Heute blickt Eminem – unter diesem Namen ist der Musiker wohl den meisten bekannt – auf eine unvergleichliche Karriere zurück. „Eminem: Hemmungslose Kontroversen. Beispielloses Talent. Unerreichter Superstar-Status“, so wird er im Jahr 2022 von der Rock & Roll Hall of Fame beschrieben.
Am 17. Oktober feiert das Ausnahmetalent seinen 50. Geburtstag. Ein Rückblick auf seinen steinigen Weg zum Erfolg.
Marshall Mathers aus Motown
Eminem wird am 17. Oktober als Marshall Bruce Mathers in St. Joseph, Missouri geboren. Ohne Geschwister wächst er hauptsächlich in Detroit auf. In der Industriestadt, die auch als Motown (Motor Town) bekannt ist, wird er ohne seinen Vater groß. Seine Eltern Debbie und Marshall Bruce Mathers Jr. trennten sich, Mathers Jr. verließ die Familie, um sich in Kalifornien ein neues Leben aufzubauen. Als Teenager versuchte Eminem Briefkontakt zu seinem Vater aufzunehmen, ohne Erfolg.
Em wollte nicht immer Rapper, beziehungsweise Musiker werden. Als Kind und Teenager interessierte er sich für das Geschichtenschreiben und Comic-Bücher. Bereits mit 14 Jahren begann Mathers gemeinsam mit seinem Schulfreund Mike Ruby zu rappen. Das Duo nannte sich unter anderem „Manix“ und „M&M“, letzteres klingt schnell gesprochen wie „Eminem“, was Mathers später zu seinem Künstlernamen machte – auch wegen seinen eigenen Initialen. Mit 17 Jahren brach er die High School ab und nahm einen Nebenjob in einem Pizzarestaurant an.
Zwischen Familienleben und Rap-Battles
1989 zog die Ausreißerin Kimberly Anne Scott (47) bei Mathers und seiner Mutter Debbie ein. Von 1989 an waren er und Scott in einer On-off-Beziehung. 1995 wurden die beiden Eltern – Tochter Hailie Jade (26) kam zur Welt, die heute erfolgreich als Influencerin und Model arbeitet. Zwischen Mathers und Scott kam es immer wieder zu heftigen Streits. Ihre Ehe hielt nur von 1999 bis 2001. Ein zweiter Eheversuch 2006 hielt nur vier Monate. Heute sollen die beiden allerdings ein freundschaftliches Verhältnis zueinander pflegen.
In den späten 80ern nahm er als MC Double M an Battle-Performances teil. Im Laufe der 90er schloss er sich immer wieder Gruppen von Rappern an und nahm erste EPs auf. Seine lange Geschichte mit Polizeikonfrontationen begann 1992, als er verhaftet wurde, nachdem er bei einer Schießerei mit einem Paintball-Gewehr dabei war. Das Gericht verurteilte ihn und seine Mittäter damals nicht.
Die Geburt von Slim Shady
Nachdem Eminem mit seinem Indie-Debütalbum „Infinite“ sowohl in den Charts als auch in der Untergrundszene floppte, entwickelte er ein Alter Ego – den sadistischen Slim Shady. Unter diesem Namen arbeitete Eminem an viel düsteren Texten über Themen wie Gewalt und Drogenmissbrauch, er ließ seinem Ärger und Frust freien Lauf. Doch wer würde den erfolglosen Eminem ein weiteres Album aufnehmen lassen? 2022 blickt der Rapper in einem Gespräch mit „XXL“ auf seinen damaligen Wunsch zurück.
„Ich erinnere mich, gesagt zu haben: ‚Wenn ich doch nur mit Dre [Anm. d. Red.: Dr. Dre (57), einer der bekanntesten Hip-Hop-Künstler aller Zeiten] arbeiten könnte, mein Gott, das wäre so verrückt. Er ist so verdammt gut.‘ Drei Wochen später war ich bei Dre zu Hause, wir nahmen das ‚The Slim Shady‘-Album auf. Das Album machte eine Menge Spaß, aber es änderte auch alles ganz plötzlich“, berichtete Eminem.
Die „The Real Slim Shady“-Platte wurde 1999 veröffentlicht und zum ersten großen Erfolg für den Newcomer. Zwar wurde er für seine Texte und seinen Rap-Style teilweise auch kritisiert, schaffte es aber bis auf Platz zwei der US-amerikanischen Billboard-Album-Charts. Sein nachfolgendes Album, „The Marshall Mathers LP“, erreichte 2000 sogar nahezu überall auf der Welt die Spitze der Charts.
2002 machte er Furore als Schauspieler in dem autobiografischen Drama „8 Mile“, das Eminems Weg von Detroit in die Rap-Szene erzählt. 2003 bekam er für seinen Song „Lose Yourself“, den Titelsong des Films, einen Oscar verliehen. Bis heute erhielt er 15 Grammys, 17 Billboard Music Awards und unzählige MTV-Awards. 2022 wurde er neben Dolly Parton (76) und Duran Duran in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen.
Der Absturz eines Ausnahmetalents
Die „Slim Shady“-Ära war gleichzeitig Eminems Abrutsch in die Drogenszene. „Ich habe nichts Hartes genommen, bevor ich berühmt wurde“, betonte er. Davor habe er sich lediglich mit Alkohol betäubt. In Kalifornien angekommen, erwischte er sich immer wieder dabei, Pillen geschluckt zu haben. Schon bald wurde er abhängig – und die Medien fokussierten sich auf den von Drogen gezeichneten Rapper. Bilder vom aufgedunsenen Eminem dominierten damals die Klatschblätter. 2005 brach er als Konsequenz seine Tournee ab und suchte sich professionelle Hilfe für seine Suchtprobleme.
2009 meldete sich Em zurück mit dem von Kritikern hoch gelobten Album „Relapse“ (zu Deutsch: Rückfall). Wie all seine Vorgängeralben wurde die Platte zum großen Chart-Erfolg, konnte mit rund 2,3 Millionen verkauften Exemplaren in den USA aber nicht ganz an seine alten Erfolge anknüpfen. Sein bis heute kommerziell erfolgreichstes Album ist „The Eminem Show“ (2002) mit 27 Millionen verkauften Exemplaren in den Vereinigten Staaten.
Wenn selbst Barack Obama zum Fan wird
Obwohl Eminem nicht mehr an seine Zahlen von früher herankommt, kann sein bis heute bestehender Einfluss auf die Musikindustrie nicht abgestritten werden. Megastars wie Nicki Minaj (39), Ed Sheeran (31) und selbst der ehemalige US-Präsident Barack Obama (61) ließen sich von Eminem inspirieren. Letzterer nannte Ems „Lose Yourself“ bei Instagram einen der wichtigsten Songs während seiner Präsidentschaft.
[sc name=“insta-iframe“ src=“https://www.instagram.com/p/CHqu3nJglss/“ ]Eminem gibt zu, noch immer das Bestreben zu haben, der beste Rapper sein zu wollen. Dies sei ihm allerdings nur möglich, wenn er sich die Musik von Kollegen wie J. Cole (37) und Kendrick Lamar (35) anhöre. „Ich höre Musik von ihnen und denke mir, ich bin gerade nicht der beste Rapper. Ich muss wieder in die Spur kommen“, erzählte er „XXL“.
Vermutlich ist es dieser Ehrgeiz, der Eminem seit über dreißig Jahren durch dieses harte Business treibt. Er hatte es nicht immer einfach, musste die Rap-Szene mit Mühen von sich überzeugen. „Ich wollte respektvoll sein, weil ich Schwarze Musik mache. Ich wusste, dass ich hier nur wie ein Gast im Haus bin“, war er sich stets bewusst. Doch jetzt scheint er nicht mehr nur ein Gast, sondern einer der Gastgeber zu sein. Seine Musik prägte eine Generation und hat den Rap mitdefiniert. Kein Wunder, dass der mittlerweile 50-Jährige für viele als lebende Legende gilt.