Schnauzer, beige-graue M-65-Feldjacke und „Scheiß auf die Dienstvorschriften“ – vor 40 Jahren wurde die Kultfigur Horst Schimanski geboren. Erstmals schlüpfte der Berliner Hauptdarsteller Götz George (1938-2016) im „Tatort: Duisburg-Ruhrort“ von Regisseur Hajo Gies (76) in die Rolle. Ausgestrahlt wurde der Krimi am 28. Juni 1981 im Ersten.
Zum 40. Sendejubiläum zeigt der WDR vier digital restaurierte „Tatort“-Folgen mit der Kultfigur aus Duisburg. Die neuen HD-Ausgaben laufen ab dem 7. Dezember an vier Dienstagen immer um 22:15 Uhr. Im Anschluss an den ersten Krimi läuft zudem ab 23:45 Uhr die neue 30-minütige Doku „Die Akte Schimanski“. In diesem Film geben die Erfinderinnen und Erfinder spannende Einblicke in die Entstehungsgeschichte dieses ganz besonderen „Tatort“-Kommissars.
Abschied von Schlips-Kommissar Haferkamp
Der Abschied vom schlipstragenden Kommissar Haferkamp markiert den Startschuss für den in jeder Hinsicht neuen Kommissar-Typus Schimanski. Zuvor verkörperte der Berliner Schauspieler Hansjörg Felmy (1931-2007) für den WDR von 1974 bis 1980 Kommissar Heinz Haferkamp in der Krimireihe „Tatort“. Doch das Publikum, der Sender und sogar der Hauptdarsteller selbst hatten gegen Ende hin genug von diesem Ermittler und den sich gleichenden Drehbüchern. „Der ‚Tatort‘ war in der Krise“, fasst es Bernd Schwamm (geb. 1943), Drehbuchautor und Producer des ersten Schimanski-Krimis, in der Doku zusammen.
„Diese Figuren, die wir bisher im ‚Tatort‘ hatten, also der Mann im Anzug, der mit intelligenten Schachzügen herauszufinden versucht, wer denn nun der Täter war. Das wollten die nicht mehr“, fügt Produzent Günter Rohrbach (93) hinzu.
Schwamm hatte Felmy zu dieser Zeit allerdings noch für zwei Filme unter Vertrag, wie er weiter erzählt. Doch der Schauspieler hatte davon gehört, dass der neue Stoff, an dem der Autor schreibe, „etwas eigenartig“ wäre. „Dann sagte Felmy: Wenn der Stoff gedreht werden soll, steigt er aus.“ In dieser Phase gab es laut Schwamm drei Optionen: „Entweder den Stoff zurückzuziehen oder es darauf ankommen zu lassen, ob er wirklich aussteigt. Oder eine dritte Möglichkeit, die wir dann gemacht haben: Nämlich, dass er gar nicht mitspielt. Wir haben ihn dann in den Urlaub geschickt.“ Und Götz George übernahm…
Überraschungserfolg Schimanski
Kommissar Schimanski war beim Publikum äußert beliebt. „Dass Schimanski so populär wurde, hat mich selbst am meisten überrascht“, gibt Schwamm in der Doku zu. „Ich denke, beim Publikum kam an, dass endlich mal nicht so ein glattrasierter, schlipstragender Kommissar da war, sondern einer, der emotionaler ist“, sagt Drehbuchautor Horst Vocks. „Bisher hatten ‚Tatort‘-Kommissare immer im Büro gearbeitet“, ergänzt Regisseur Dominik Graf (69).
Neu war auch der Umgang mit den Assistenten. „Ich fand es immer grauenhaft, wie sie behandelt wurden“, sagt Schwamm, „das waren immer die Deppen, die dumme Fragen stellen mussten, damit der Kommissar glänzen kann“. Stattdessen gab es nun ein Team, das zusammenarbeitet. Und so hatte Schimanski einen Partner, Eberhard Feik (1943-1994) verkörperte von 1981 bis 1991 diesen Kriminalhauptkommissar Christian Thanner. „Es reden immer aller über Schimanski, aber für mich war es tatsächlich die Kombination dieser beiden Charaktere“, macht Regisseurin Ilse Hofmann (72) die neue Bedeutung der Co-Ermittler deutlich.
Zum Konzept der „Rabaukenfigur“ (Zitat Ilse Hofmann) gehört auch eine dunkle Seite in der Biografie. „Er soll Autos geklaut haben“, erzählt Schwamm. „Es gab auch die Überlegung, dass Schimanski auf der anderen Seite hätte landen können, statt auf der Polizeiseite. Und dass er durch den späteren Chef Königsberg eigentlich gerettet wurde“, so der Mit-Erfinder. Kriminaloberrat Karl Königsberg war von 1981 bis 1988 der Vorgesetzte von Schimanski und Thanner. Gespielt wurde er von Ulrich Matschoss (1917-2013).
Überraschend ist in der Doku auch, wie Götz George überhaupt zu der Rolle kam, denn eigentlich war ein ganz anderer dafür vorgesehen…
Kurzes Wiedersehen mit Jan Fedder
Jan-Fedder-Fans sollte sich die Doku im Übrigen auch nicht entgehen lassen, denn der 2019 verstorbene Hamburger „Großstadtrevier“-Star ist in einer kleinen Rollen zu sehen – optisch ist er zwar kaum zu erkennen, aber wenn der Verdächtige, den Schimanski und Thanner in die Mangel nehmen, zu sprechen beginnt, besteht kein Zweifel mehr…