Sein Name mag lange nicht so bekannt sein wie die von ihm erdachten Serien: Chuck Lorre, der am 18. Oktober seinen 70. Geburtstag feiert, ist seit nunmehr rund 20 Jahren der absolute König der Sitcoms im US-amerikanischen Fernsehen. In einer Zeit, in der vielfach der Tod dieses klassischen TV-Genres beschworen wird, erschuf er mit Serien wie „Two and a Half Men“ (2003-2015), „The Big Bang Theory“ (2007-2019) und zuletzt dem Spin-off „Young Sheldon“ (seit 2017) Hit auf Hit. Allein für 2022 schätzt „Forbes“ seinen Jahresverdienst auf 100 Millionen US-Dollar. An den Lizenz-Rechten für seine zwei größten Hits „Two and a Half Men“ und „The Big Bang Theory“ hatte Lorre bereits im Jahr 2012, noch vor dem ganz großen Welterfolg von letzterer Show, über eine Milliarde Dollar verdient, wie „Variety“ meldete.
Über das Musikbusiness ins Sitcom-Fach
Der 1952 im US-Bundesstaat New York geborene Lorre wollte ursprünglich einmal Musiker werden, doch reichte es nur zum „zweitklassigen Gitarrenspieler in drittklassigen Bands, die in viertklassigen Clubs spielten“, wie er selbst einmal erklärte. Im Jahr 1986 wechselte er daher zum Fernsehen. „Als Songschreiber war ich immer fasziniert davon, Geschichten zu erzählen“, verriet Lorre. Nach Anfängen bei „Roseanne“ (1988-1997, Revival: 2018) mit Roseanne Barr (69) in der Hauptrolle schuf er in den 1990er Jahren mit „Grace“ (Originaltitel: „Grace Under Fire“, 1993-1998) und „Cybill“ (1995-1998) erste eigene Sitcoms, die auch sehr erfolgreich liefen, heutzutage jedoch eher in Vergessenheit geraten sind.
Mit „Dharma & Greg“ findet Chuck Lorre sein Erfolgsrezept
Im Jahr 1997 feierte dann die vierte von Lorre geschaffene Show „Dharma & Greg“ Premiere. Die Prämisse der Sitcom ist so einfach wie bestechend: Hippie-Freigeist Dharma (Jenna Elfman, 51) verliebt sich in den spießigen, strukturierten und wertebewussten Anwalt Greg (Thomas Gibson, 60). Die beiden heiraten und ziehen zusammen. Durch die Gegensätzlichkeit der Hauptfiguren, noch einmal verdoppelt in der Elterngeneration, sind kleinere Konflikte und damit Lacher vorprogrammiert – und ein schier unerschöpfliches Reservoir an Geschichten für eine langlebige Sitcom mit hoher Episodenanzahl ist gefunden.
Ein ähnliches Konzept der Gegensätze verfolgte Lorre später bei seiner noch populäreren Sitcom „Two and a Half Men“, in der der hedonistische, lockere Charlie Harper, gespielt von Charlie Sheen (57), mit seinem spießigen, überkorrekten Bruder Alan (Jon Cryer, 57) unter einem Dach lebt. Und auch die sozial ungelenken Physik-Nerds Sheldon (Jim Parsons, 49), Leonard (Johnny Galecki, 47) und Raj (Kunal Nayyar, 41) sowie Ingenieur Howard Wolowitz (Simon Helberg, 41) treffen im Zeitgeist-Hit „The Big Bang Theory“ auf ihre ungleich lebensklügere und -freudigere Nachbarin Penny, gespielt von Kaley Cuoco (36).
Charlie Sheens Rausschmiss bei „Two and a Half Men“
Für immer verbunden sein wird der Name Chuck Lorre auch mit Charlie Sheens unrühmlichen Abschied bei der von Lorre geschaffenen Sitcom „Two and a Half Men“. Nachdem Sheen Anfang 2011 eine Entziehungskur absolvierte und behauptete, drogenfrei zu sein, beleidigte er seinen Chef in der Radiosendung „The Alex Jones Show“ des Verschwörungstheoretikers Alex Jones (48). Der zum damaligen Zeitpunkt mit einem Verdienst von zwei Millionen US-Dollar pro „Two and a Half Men“-Episode bestbezahlte TV-Darsteller von allen flog in hohem Bogen raus, und wurde wenig zimperlich durch Ashton Kutcher (44) ersetzt, damit noch vier weitere Staffeln der Hitserie produziert werden konnten.
„The Big Bang Theory“: Chuck Lorres erfolgreichste Sitcom
Lorres mit Abstand größten Erfolg stellt aber die Nerd-Sitcom „The Big Bang Theory“ dar, für die Jim Parsons allein mit vier Emmys als bester Hauptdarsteller in einer Comedy-Serie ausgezeichnet wurde. Neben dem bereits angesprochenen Spiel der Gegensätze trafen Lorre und sein Team hier den Zeitgeist der späten 2000er Jahre, als es plötzlich cool – oder zumindest interessant – wurde, ein an Comics, Superhelden, Popkultur und ähnlichem interessierter Nerd zu sein.
Sheldon-Darsteller Parsons sieht jedoch auch das – im Verhältnis zu anderen Sitcoms – langsame Entwicklungstempo der Hauptfiguren als ein Geheimnis des Erfolges. „Es erscheint unlogisch, aber ich denke, was zur Entwicklung der Show geführt hat und ihr Tiefe gegeben hat, ist das qualvoll langsame Tempo, mit dem sich [die Hauptfiguren] entwickeln. Ich finde, das verleiht ihnen eine realistische Glaubwürdigkeit“, so Parsons.
Nach seinem bisher größten Erfolg „The Big Bang Theory“ zeichnete Lorre noch für einige große Sitcom-Hits wie „Mike & Molly“ (2010-2016), „Mom“ (2013-2021) und den „The Big Bang Theory“-Ableger „Young Sheldon“ verantwortlich. Mit „How to Be a Bookie“ ist die nächste Comedyserie auch bereits in der Mache – dieses Mal für den Streamingdienst HBO Max.