Am heutigen Montag wird es ernst für Boris Becker (54). In London startet der mit Spannung erwartete Prozess gegen die ehemalige Nummer eins im Welttennis. Doch warum muss Becker erneut vor Gericht und wieso droht ihm in diesem Fall sogar eine Haftstrafe? Ein Überblick:
Darum geht es bei dem Prozess im Kern
Seit 2017 läuft gegen Boris Becker ein Insolvenzverfahren, die in Großbritannien eigentlich auf ein Jahr beschränkt sind. Das Problem ist aber: Die Eigentumsverhältnisse sind angeblich so kompliziert, dass es für die Insolvenzverwalter teilweise unmöglich sein soll, die Insolvenzmasse korrekt zu bestimmen. Die Staatsanwaltschaft wirft nun dem Ex-Tennisstar in 24 Anklagepunkten vor, bewusst diese Vermögenslage verschleiert zu haben, um Gelder vor den Gläubigern zu verstecken.
Das droht Boris Becker bei einer Verurteilung
Becker muss sich deswegen vor einem Strafgericht verantworten, soll heißen: Im schlimmsten Fall muss er eine Haftstrafe verbüßen. Ihm drohen sieben Jahre Haft als mögliche Höchststrafe, wenn er in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen werden sollte. Ob es dazu kommt, wird der Prozess zeigen. Wenn Beckers Anwälte sämtliche Anklagepunkte entkräften, gäbe es einen Freispruch. Gelingt dies nur zum Teil, könnte es auf eine geringere Haftstrafe, eine Bewährungsstrafe oder eine Geldstrafe hinauslaufen.
Diese Richterin entscheidet über den Verlauf
Als Richterin steht Deborah Taylor einer für das angelsächsische Rechtssystem typischen Geschworenenjury vor. Verhandelt wird vor dem Southwark Crown Court. Taylor machte sich in Großbritannien vor allem aufgrund ihres harten Urteils gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange (50) einen Namen. Sie verurteilte ihn wegen Verstöße gegen Kautionsauflagen zu 50 Wochen Haft. Assange floh in die ecuadorianische Botschaft in London, um eine Auslieferung an Schweden zu verhindern. Seiner Argumentation – die Schweden würden ihn in die USA weitergeben, wo ihm die Todesstrafe drohe – bezeichnete sie in der Urteilsbegründung als „unrealistisch“.
Wann kann man mit einer Entscheidung rechnen?
Wie sagen Juristen immer so schön: „Das kommt darauf an.“ Angesetzt ist der Prozess auf eine Verhandlungsdauer von drei Wochen. Das Ziel der Vorsitzenden Richterin ist also, bis dahin zu einem Urteil zu kommen. In Stein gemeißelt ist diese Frist jedoch nicht. Bei solch komplizierten Vermögensverhältnissen kann es durchaus passieren, dass noch weitere Informationen gesammelt werden müssen, die den Prozess in die Länge ziehen. Andersherum könnte es sein, dass Beckers Anwälte einen Deal eingehen. Heißt konkret: Man räumt Teile der Anklagepunkte ein, das Gericht verwirft andere und man einigt sich gemeinsam auf eine milde Strafe.
Das sagt Boris Becker zu seinem Prozess
Boris Becker äußerte sich in der Vergangenheit immer mal wieder über seine finanzielle Situation und auch zu seinen Prozessen, ohne dabei – nachvollziehbarerweise – zu sehr ins Detail zu gehen. Zwei ausführlichere Interviews gab er zu diesem Thema jeweils der „Bild am Sonntag“. Bereits im Oktober 2020 sagte er zu dem anstehenden Prozess unter anderem: „Ich bin optimistisch und guter Dinge. Ich werde diesen Kampf angehen, wie ich auch früher an jedes große Match herangegangen bin.“ Im Februar 2022 fügte er hinzu, dass er an das Gute glaube und keine schlaflosen Nächte habe wegen des Prozesses: „Habe ich großen Respekt davor? Ja. Bin ich angespannt? Ja. Bin ich manchmal auch nervös? Ja. Aber ich bin nicht panisch.“