Rund zwei Wochen nach dem Start von „Pluribus – Glück ist ansteckend“ bei AppleTV nimmt die Diskussion im Netz Fahrt auf. Immer mehr Zuschauer bemerken kleine Anspielungen auf „Breaking Bad“ und „Better Call Saul“. Besonders Schauspielerin Rhea Seehorn (53), einst als Kim Wexler eine der wichtigsten Figuren in „Better Call Saul“, steht dabei im Mittelpunkt. Ihre neue Hauptrolle schafft die wohl sichtbarste Verbindung zwischen Vince Gilligans (58) alter und neuer Serienwelt.
In „Pluribus“ sucht eine mysteriöse Form kollektiver Glückseligkeit die Menschheit heim – eine Art Virus, durch den nahezu alle Menschen Sorgen, Zweifel und ihren freien Willen verlieren. Seehorn spielt Carol, eine Frau, die diesem allgegenwärtigen Glücksrausch als eine der wenigen nicht verfällt. Während ihre Umgebung komplett in einem harmonischen Bewusstseinsstrom verschmolzen ist, versucht sie zu verstehen, was hinter diesem Phänomen steckt – und ob Individualität in dieser neuen Welt noch möglich ist.
Die Airline könnte man kennen
Bereits in Folge zwei stolpern Fans über das erste große Easter Egg: die fiktive Wayfarer Airlines. Die Airline, die Carol auf ihrer Reise nutzt, ist ein direkter Gruß aus der „Breaking Bad“-Vergangenheit – jene Fluglinie, die einst in einer Katastrophe über Albuquerque endete, indirekt ausgelöst durch Walter Whites Handeln.
Daneben tauchen weitere kleine Hinweise auf: ein hellgelber VW Beetle, der an Kims Wagen aus „Better Call Saul“ erinnert, vertraute Kamerafahrten durch Geräte oder sterile Lichtstimmungen, die an die Laborästhetik früherer Gilligan-Produktionen anschließen.
Rhea Seehorn als kreative Klammer
Die stärkste Verbindung zur Welt von „Breaking Bad“ ist natürlich Seehorn selbst. Ihre Rolle als Kim Wexler in „Better Call Saul“ war über Jahre eine der meistgelobten Charakterzeichnungen im Serienfernsehen: moralisches Gegenstück, emotionales Zentrum und zeitweise einziges Stabilitätsmoment in einer Welt, die sich immer tiefer in juristische wie moralische Grauzonen schraubte. Gilligan beschrieb Kim nie als Sidekick, sondern als „zweite Hauptfigur“. Kritiker sahen sie oft als die eigentliche tragische Figur der Serie.
Dass Gilligan nun auch „Pluribus“ mit Seehorn im Mittelpunkt erzählt, ist natürlich kein Zufall. Ihre neue Figur Carol ist – ähnlich wie Kim – zunächst eine stille Beobachterin, dann ein moralischer Seismograf dieser sonderbaren neuen Welt. Und wie in „Better Call Saul“ erlebt das Publikum die Geschichte primär durch ihre Wahrnehmung, ihre Zweifel, ihren Sichtwechsel. Seehorn wird damit zum emotionalen und erzählerischen Anker, der beiden Serienwelten eine gemeinsame Temperatur verleiht.
Stilistische Parallelen und vertraute Motive
Trotz seines Sci-Fi-Settings ist „Pluribus“ in vielen Momenten unverkennbar ein Gilligan-Projekt. Das liegt nicht nur an der Bildsprache, sondern auch an der Crew: Mit Sony Pictures Television, High Bridge Productions und Komponist Dave Porter arbeitet er mit denselben kreativen Kräften im Hintergrund wie bei „Breaking Bad“ und „Better Call Saul“. Porters Musik – eine Mischung aus atmosphärischem Druck und fast meditativen Synth-Klängen – erzeugt jene vertraute Spannung, die man aus früheren Gilligan-Werke kennt.
Eine ebenfalls extrem auffällige Parallele ist der Dreh- und Handlungsort: Auch „Pluribus“ spielt in Albuquerque, also der Stadt, die durch „Breaking Bad“ und „Better Call Saul“ weltweit zum Synonym für Gilligans Erzähluniversum wurde. Die weitläufigen Straßen, das grelle Wüstenlicht und der Mix aus urbaner Leere und alltäglichen Schauplätzen erzeugen sofort ein vertrautes Gefühl.
Ein bewusster Bruch – und genau das verbindet die Serien
Gilligan hat in Interviews mehrfach betont, dass er nach Jahren voller Antihelden „etwas anderes“ erzählen wollte. Ein Gegenentwurf, der Hoffnung zulässt und menschlicher wirkt. „Pluribus“ ist genau das: eine Serie, die sich traut, warme Momente zwischen kühler Dystopie zu platzieren. Doch ironischerweise entsteht gerade daraus die stärkste Verbindung zu seinen früheren Werken. Denn auch hier steht eine Figur im Mittelpunkt, die an die Grenzen ihrer Überzeugungen gedrängt wird – und deren innere Wahrheit die Serie trägt.
„Pluribus“ ist kein nostalgischer Abklatsch und kein geheimer Ableger von „Breaking Bad“. Die Serie definiert sich über Sci-Fi, Mystery und eine völlig neue Prämisse. Doch gerade weil Gilligan seine Handschrift beibehält, weil er Rhea Seehorn erneut zur zentralen Figur macht und weil er mit kleinen, klugen Anspielungen agiert, entsteht ein reizvoller Spagat: ein neues Projekt, das sich ganz eigenständig anfühlt – und gleichzeitig wie ein heimliches Wiedersehen mit einer vertrauten Welt.
(dr/spot)
Bild: Rhea Seehorn in der neuen AppleTV-Serie „Pluribus“. / Quelle: Apple TV

