Vor exakt 25 Jahren endete eine Ära in der deutschen Tennis-Erfolgsgeschichte: Am 13. August 1999 verkündete Steffi Graf (55) mit gerade mal 30 Jahren bei einer Pressekonferenz in einem Hotel in Heidelberg ihren Rücktritt vom aktiven Tennissport - und hat sich damit für ihr privates Glück entschieden. Das hält nun seit 25 Jahren offenbar unvermindert an. Ein Rückblick auf die vielleicht wichtigste Entscheidung ihres Lebens.
Jetzt scheucht sie Andre Agassi privat über den Tennisplatz
Anders als bei ihrem Kollegen Boris Becker (56), dem anderen deutschen Tennis-Superstar ihrer Zeit, gibt es bei Steffi Graf keine negativen Schlagzeilen, sie hält ihr Privat- und Familienleben erfolgreich weitestgehend aus der Öffentlichkeit heraus. Sie habe es geschafft, „sich der Öffentlichkeit zu entziehen“, schrieb anlässlich ihres 50. Geburtstages der „Tagesspiegel“. Sie lebe mit ihrem Mann völlig unauffällig in Las Vegas, hin und wieder spiele sie mit ihm „ein Ründchen“ auf dem privaten Tennisplatz: „Immer wieder hat sie ihn dann übers Feld gescheucht. Und immer wieder hat ihm ihre Vorhand zu schaffen gemacht.“
Mit ihrer sportlichen Bilanz hat sie in der Hochphase ihrer Karriere alles übertroffen – auch das Tennis-Talent Boris Becker. Er hat Wimbledon drei Mal gewonnen, sie sieben Mal. Sie triumphierte bei 22 Grand Slam-Turnieren, er bei sechs. Becker führte zwölf Wochen lang die Weltrangliste an, Graf 377 Wochen – ein Rekord. Außerdem ist sie der einzige Mensch der Welt, der den Golden Slam gewonnen hat: 1988 siegte sie bei allen vier Grand Slam-Turnieren und gewann bei Olympia in Seoul die Goldmedaille im Einzel.
Ruhe und Stillstand habe es für sie nicht gegeben, schrieb der Sportjournalist Hans-Jürgen Pohmann, selbst ein ehemaliger Tennisprofi, 1999 in der „Welt“: „da war nur die Sucht, perfekt zu spielen… Hinter ihr stand immer Vater Peter, der sie nach vorne peitschte, von der Öffentlichkeit isolierte, den Ruhm der Tochter genoss, mit leichten Mädchen in die Schlagzeilen und schließlich wegen Steuerhinterziehungen ins Gefängnis geriet.“
Andre Agassi machte sie gelassener
Dem Schatten des übermächtigen Vaters ist sie irgendwann entsprungen, Peter Graf starb 2013 an Krebs. Seine Tochter hatte sich lange davor verändert, als in ihr 1999 die Erkenntnis reifte: „Ich brauche keinem mehr etwas zu beweisen.“ Ein Umstand, der sie offenbar heiter und gelassen in die Zukunft blicken ließ. Daran hat vermutlich Andre Agassi (54) seinen Anteil.
Der Amerikaner galt in den 90er-Jahren als der verrückte Rockstar des Tennis (acht Grand-Slam-Siege, 1996 Olympia-Gold im Einzel, 101 Wochen Nr. 1 der Weltrangliste). Dass ausgerechnet dieser Paradiesvogel und die kühle Deutsche, die den Ruf eines „Tennis-Roboters“ hatte, ein so inniges Paar werden, könnte man als Wunder der Liebe bezeichnen.
Beide waren in jeweils anderen Beziehungen, als sie sich näher kennenlernten. Steffi Graf war damals mit dem deutschen Rennfahrer Michael Bartels liiert, Agassi war von 1997 bis 1999 mit der Hollywoodschauspielerin Brooke Shields („Die blaue Lagune“) verheiratet.
Agassi schwärmte wohl schon länger heimlich von der blonden „Gräfin“, in die er sich während der French Open 1998 verliebt hatte. Andre Agassi schreibt in seiner Biografie „Open“: „Ich war wie vom Donner gerührt, absolut hingerissen von ihrer bescheidenen Anmut, ihrer natürlichen Schönheit.“ Es folgten ein gemeinsames Training, mehrere Verabredungen mit gemeinsamen Abendessen und Spaziergängen.
Nach Steffi Grafs Rücktritt vom Tennissport kurz vor den US Open 1999 besuchte sie gemeinsam mit Andre Agassi in Las Vegas einen Boxkampf. Es war ihr erster öffentlicher Auftritt als Paar. „Am nächsten Tag erscheint ein Foto von uns beiden in den Zeitungen, auf dem wir händchenhaltend am Ring sitzen und uns küssen“, erinnerte sich Agassi zurück.
Die beiden Kinder kamen 2001 und 2003 zur Welt
Dann ging es in der Beziehung Schlag auf Schlag: Hochzeit am 22. Oktober 2001, Geburt des Sohnes Jaden Gil (22) vier Tage später, die Tochter Jaz Elle (20) kam am 3. November 2003 zur Welt. Steffi Graf gab dafür ihre geliebte Wohnung in Manhattan (New York City) auf, die Familie zog in Agassis Geburtsort Las Vegas in der Wüste von Nevada und führt dort seitdem ein normales Familienleben: Dazu gehören Aufgaben wie Kinder zur Schule bringen, Mülltrennung, ein ökologisch korrekter Haushalt.
1998 gründet Steffi Graf die wohltätige Stiftung Children for Tomorrow in Hamburg, die sich auf dem Gelände der Uniklinik Eppendorf um traumatisierte, geflüchtete Kinder kümmert. Das sind die Termine, bei denen sie sich in der Öffentlichkeit bewegt. Nur noch selten betritt sie einen öffentlichen Tennisplatz.
Tennis verdankt sie die Liebe ihres Lebens
Ihr selbstgewähltes Karriere-Ende macht sie bis heute dennoch zur Tennis-Legende: 2003 wurde Steffi Graf in die International Tennis Hall of Fame aufgenommen. In seiner Laudatio fand Ehemann Andre Agassi bewegende Worte für seine Frau: „Mir ist klar, dass die Worte noch nicht erfunden wurden, die groß genug oder wahr genug sind, um das Herz und die Seele dieser Frau, die ich liebe, auszudrücken: Stefanie!“ Als er dann noch sagte, dass sie „sehr viel Licht“ und „eine Würde“ in sein Leben gebracht habe, wie kein anderer Mensch zuvor, antwortete sie unter Tränen: „Tennis hat mir eine unglaubliche Reise ermöglicht. Das Beste an dieser Reise war, dass sie mich zu dir geführt hat.“
(ln/spot)
Bild: Ihr Leben nach der Tennis-Karriere: Steffi Graf hat mit Andre Agassi gemeinsam ihr großes Glück gefunden. / Quelle: getty/Ethan Miller/Getty Images