Ob Y2K-Style oder Dopamin-Dressing – das Jahr 2022 brachte einige neue Mode-Trends hervor. Doch was lässt sich davon noch 2023 tragen? Der deutsche Designer Steffen Schraut blickt im Interview mit spot on news auf das Modejahr zurück und verrät seine Trends für 2023. Schraut feierte 2022 sein 20-jähriges Fashion-Jubiläum, seit Anfang des Jahres sind seine Designs exklusiv bei QVC erhältlich.
Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu. Welche Mode-Trends haben 2022 geprägt?
Steffen Schraut: Wenn wir von Farben und vom Herbst sprechen, dann viel Orange. Ein kräftiges Blau oder ein Grün waren ebenfalls total gefragt. Ob Salbei oder Smaragdgrün – die Farben passen wunderbar zu Beige oder Creme, auch zu Schwarz. Leuchtendes Pink haben wir bereits im Sommer getragen und die knallige Farbe gern mit in den Herbst genommen.
Bei den Pieces hatte der easy Blazer sein Comeback – casual kombiniert zu Jeans und Sneakern. Ein weiterer Trend in 2022: lässige Strickcardigans aus Cashmere in besonderen Farben wie cooles Gelb, Power Grün, Flash Türkis und soft Hummer. Angesagt waren auch stylische Blusen in luxuriösen Baumwoll-Qualitäten, Chiffon-Blusen mit coolen Prints und in unterschiedlichsten Formen.
Was können wir davon noch 2023 tragen?
Schraut: Grundsätzlich kann alles auch 2023 getragen werden. Zeitlos designte Lieblingsstücke und Key-Pieces zeichnen sich dadurch aus, dass sie uns jede Saison aufs Neue begleiten. Das spielt auch im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle.
Großes Thema war in diesem Jahr der Y2K-Style, angelehnt an die Outfits der Nullerjahre. Welches Mode-Jahrzehnt nehmen sich Fashionistas 2023 vor?
Schraut: Mode soll Spaß machen – erlaubt ist, was gefällt. Persönlich mag ich den Mix von Lieblingsteilen aus allen Jahrzehnten, die mit neuen Styles ergänzt werden. Man sollte sich nicht zwangsläufig an „künstlich kreierten“ Trends orientieren. Besser ist es, sich auf den eigenen Geschmack zu verlassen und sich von Designs inspirieren zu lassen.
Auch Dopamin-Dressing war schwer angesagt. Geht 2023 so farbenfroh weiter?
Schraut: In Krisenzeiten bietet die Mode oft ein heilsames Gegengewicht. Das Jahr 2022 hat uns daher ein wahres Feuerwerk der Farben beschert. Dopamin-Dressing war ein großes Thema. Im kommenden Frühjahr werden die Farben weniger knallig und dafür gesättigter erscheinen. Unter anderem darf Schwarz ein Comeback feiern.
Welche Farben und Stoffe dominieren sonst noch im nächsten Jahr?
Schraut: Zum Frühjahr/Sommer wird es natürlich auch wieder farbig. Gern aber pastellig – ein Rosa, Hellblau, Mint und Flieder zaubern Frische für 2023.
Welche Key-Pieces dürfen im nächsten Jahr in keinem Schrank fehlen?
Schraut: Für mich gibt es drei „Basic-Must-haves“ – ganz gleich in welcher Saison. Und das, weil sie sich individuell und schnell kombinieren lassen und man so immer ein passendes Outfit im Kleiderschrank hat: Eine perfekte weiße Bluse gehört dazu, weil sie zeitlos ist. Außerdem: eine gutsitzende Blue Jeans – knackig, aber keine Boyfriend und nicht sexy. Und dazu ein leichter Cashmere-Cardigan. Wer seinen Look „aktualisieren“ will, wählt trendige Statement-Accessoires dazu wie Schuhe, Schmuck oder Gürtel.
Skinny, Cargo, High Waist … Welche Hosen-Trends sind 2023 angesagt?
Schraut: Die Skinny ist eine extrem etablierte Passform bei Hosen und zeitlos. Der Vorteil ist, dass diese Form zu jedem Körpertypen passt. Die Cargo ist definitiv sehr trendig, allerdings nur mit schmaler Passform schmeichelnd. Die High Waist ist stylisch, aber nicht vorteilhaft, ich bevorzuge dann eher eine weitere Form, die das Bein lässig umspielt und kaschiert.
Und was ist 2023 dagegen vollkommen out?
Schraut: „Vollkommen out“ möchte ich nicht sagen, denn für manche bleiben es einfach Lieblingsstyles. Was ich allerdings nicht im Trend sehe, sind Mom Jeans – also locker geschnittene Hosen mit einem schmal zulaufenden Bein. Cut-Outs bei Shirts und Pullovern sind für 2023 auch nicht mehr angesagt. Löcher als Hingucker, zerrissene Jeans und die Farbe Orange haben dann erst einmal Pause.
Wie sieht es mit Accessoires aus? Statement-Ketten und Co. oder doch eher zurückhaltend?
Schraut: Trendige Statement-Accessoires wie Schuhe, Schmuck oder Gürtel geben jedem Outfit einen modernen Touch. Der Look wirkt direkt aufmerksamkeitsstärker. Das muss man mögen. Statement-Ketten begleiten uns im Frühjahr/Sommer definitiv weiterhin – neu inszeniert und in edlen Farben. Auch bei Taschen und generell bei Accessoires darf es etwas lauter sein, aber nie aufdringlich. Nach den Pandemie-Jahren möchte man im wahrsten Sinne des Wortes Statements setzen.
Was raten Sie Frauen, die sich in Fashion-Fragen schwertun und ihren eigenen Stil noch nicht gefunden haben?
Schraut: Ausprobieren! Farben, Stoffe, Schnitte. Oft trauen wir uns an Outfits nicht heran – zu bunt, zu viel Muster, zu junger Schnitt für mich – und lassen die Kleidung im Geschäft hängen. Mode, die gefällt, muss anprobiert werden! Bis man sich in seinem Outfit wohlfühlt. Denn wenn wir uns wohlfühlen mit unserem Outfit, verlieren wir alle Fragezeichen. Und dann strahlt man dies auch aus. Deshalb bin ich kein Fan von Mode-Diktaten. Keine Frau sollte sich der Mode oder Trends unterwerfen. Mode soll die Stärken der Trägerin hervorbringen und sie zum Strahlen bringen. Ich feiere mit meinen Designs daher viel lieber das Wohlfühlen.
Welchen Star bewundern Sie für seinen Style?
Schraut: Aktuell gefällt mir der Look von Harry Styles. Er ist ein Chamäleon, ein Unikat, und steht für modische Offenheit und Diversität. Sein Style zeigt, dass jeder heute so sein kann, wie er will. Das ist eine Botschaft, die mich bei der Kreation meiner Mode immer begleitet.
Was wird es von Ihnen im nächsten Jahr Neues geben?
Schraut: Sie dürfen gespannt sein. Ich greife einige aktuelle Trends in meinen QVC-Kollektionen auf. Zeitlose Key-Pieces gehören natürlich immer dazu.