Ob auf dem Eis oder vor der Kamera: Tanja Szewczenko (45) definierte Glück lange Zeit über beruflichen Erfolg. Bis sie merkte, dass ihr im Leben etwas ganz anderes fehlte: ein zweites Kind. Den langen und beschwerlichen Weg zum Familienglück mit Ehemann Norman Jeschke (43) und den Kindern Jona (11), Leo (1) und Luis (1) beschreibt sie in ihrem neuen Buch „Durch die Hölle zum Glück“. Offen und ehrlich spricht sie darin über ihre Kinderwunschbehandlungen und Fehlgeburten. Warum sie im Nachhinein anders mit diesen Themen umgehen würde und wieso Aufgeben für sie nie eine Option war, verrät die Schauspielerin und ehemalige Eiskunstläuferin im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
Sie haben Ihre Geschichte lange Zeit geheim gehalten. Was hat Sie dazu bewogen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen und „Durch die Hölle zum Glück“ zu schreiben?
Tanja Szewczenko: Ich habe mich während meiner letzten Schwangerschaft relativ früh entschieden, nicht mehr zu schweigen. Ich wollte es einfach nicht mehr. Auch wenn ich wusste, dass es hätte schiefgehen können. Aber ich war an einem Punkt, an dem es nicht mehr akzeptabel für mich war. Ich hatte schon während der Kinderwunsch-Reise die Idee, eines Tages alles niederzuschreiben. Entweder für mich alleine, um das Geschehene zu verarbeiten, oder für andere Betroffene.
Welche Absicht verfolgen Sie mit Ihrem Buch?
Szewczenko: Ich möchte die Themen Fehlgeburt und Kinderwunschbehandlung ein Stück weit enttabuisieren. Für viele Betroffene ist es schwierig, sich mitzuteilen, da die Umstände einen oft sprachlos machen.
Sie sprechen offen über sehr private Themen wie Kinderwunsch, künstliche Befruchtungen und Fehlgeburten. Wie schwer ist Ihnen das gefallen?
Szewczenko: Als ich endlich angefangen habe darüber zu sprechen, fiel es mir überhaupt nicht mehr schwer. Es sprudelte geradezu aus mir heraus. Von Satz zu Satz spürte ich die Erleichterung. Sich zu öffnen, kann auch sehr heilsam sein. Schnell habe ich auch bemerkt, wie viele Leidensgenossinnen es gibt.
Würden Sie Ihre Erlebnisse im Nachhinein früher publik machen?
Szewczenko: Ich würde heute anders damit umgehen. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, ich hätte es von Anfang an mit mehr Menschen geteilt. Wenn ich mir vorstelle, dass ich nicht einmal von einer guten Freundin wusste, dass sie ein ähnliches Problem hatte, frage ich mich, was falsch läuft. Dem Gedanken widme ich auch in meinem Buch einige Zeilen. Ich versuche zu beleuchten, warum wir schweigen und wer oder was uns dazu bringt beziehungsweise gebracht hat.
Wie hat Ihr berufliches Umfeld, das nichts von Ihren privaten Sorgen wusste, auf Ihre Geschichte reagiert?
Szewczenko: Ich weiß es nicht. Ich wurde im Sommer 2018, während meiner Kinderwunsch-Reise, gekündigt. Ich hatte gerade die erste misslungene künstliche Befruchtung hinter mir. Das war ein bitterer Schlag. Ich hatte zwei Embryonen und im Anschluss meinen Job verloren.
Sie haben im Laufe Ihres Lebens diverse Schicksalsschläge verarbeiten müssen. Was gab Ihnen die Kraft, weiterzukämpfen und ihren Kinderwunsch nicht aufzugeben?
Szewczenko: Der Wunsch war sehr stark und mein Bauchgefühl sagte mir immer, dass es nicht unmöglich ist, sondern etwas falsch läuft. Außerdem liegt es in meiner Natur zu kämpfen, durchzuhalten, aufzustehen und weiterzumachen. Deswegen konnte ich auch eine erfolgreiche Hochleistungssportlerin werden. In meinem Sport hieß es immer wieder aufzustehen. Ich habe gelernt, Niederlagen anzunehmen und trotzdem nicht aufzugeben.
Ihr Buch heißt „Durch die Hölle zum Glück“. Sind Sie heute glücklich?
Szewczenko: Ich bin wahnsinnig glücklich. Manchmal kann ich unser Glück immer noch nicht fassen. Ich lebe wieder. Jahrelang stagnierte alles und warf mich in meinem Sein zurück. Heute feiere ich jeden einzelnen Tag.
Hegen Sie bisher unerfüllte Träume oder unerreichte Ziele?
Szewczenko: Ich fühle mich zu 100 Prozent angekommen. Ich träume davon, meinen Kindern die Welt zu zeigen und das versuchen wir Stück für Stück umzusetzen. Ich möchte ihnen Erlebnisse und Erfahrungen schenken.
Sie sind Mutter, Autorin, Schauspielerin und Eiskunstläuferin. In welcher dieser Rollen sehen Sie sich in Zukunft?
Szewczenko: Mutter ist sicher meine Paraderolle geworden. Ich schreibe sehr gerne, vielleicht kommt eines Tages ein weiteres Buch. Gleichzeitig habe ich andere verrückte Ideen im Kopf, die ich aber erstmal noch reifen lassen möchte.