Im zweiten Fall nach der Sommerpause schickt das Erste die beiden Schweizer Kommissarinnen auf Verbrecherjagd. Im „Tatort: Risiken mit Nebenwirkungen“ (11. September, 20:15 Uhr, das Erste) müssen Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher, geb. 1979) und Tessa Ott (Carol Schuler, 35) in Zürich den Mord an einer Anwältin aufklären.
Erst zum vierten Mal bekommen Krimi-Fans einen Fall mit dem Team serviert. Bislang kamen die Fälle nicht sehr gut an, der letzte „Tatort: Schattenkinder“ (März 2022) erzielte mit 6,84 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer die bislang schlechteste Quote des Jahres. Kann „Risiken mit Nebenwirken“ mehr überzeugen?
Darum geht’s im „Tatort: Risiken mit Nebenwirkungen“
Wenn es um ihre Mandantinnen und Mandaten geht, kennt die Anwältin Corinne Perrault (Sabine Timoteo, 47) keine Gnade. Eines Tages treibt die Juristin allerdings tot im Zürichsee. Was zunächst aussieht wie Selbstmord, entpuppt sich wenig später als eiskalter Mord. Perrault arbeitete in der Kanzlei Clement & Widmer und vertrat das Pharmaunternehmen Argon. Deren neues Medikament Volmelia steht kurz vor der Zulassung, soll aber verheerende Schäden anrichten. So hat sich der Zustand der jungen Klara Canetti (Anouk Petri), die aufgrund einer schweren Krankheit im Rollstuhl sitzt, seit der Einnahme von Volmelia verschlechtert. Ihre Mutter Dorit (Annina Butterworth, geb. 1980) hat daraufhin das Pharmaunternehmen verklagt.
Für den Konzern steht viel auf dem Spiel, bei einem Verbot würde dem Unternehmen und seinem Star Dr. Regula Arnold (Laura de Weck, 41) einige Millionen durch die Lappen gehen. In der Kanzlei herrscht große Bestürzung über Perraults Tod, Chefin Martina Widmer (Therese Affolter, 70) hatte eine persönliche Bindung zu ihrer Angestellten. Doch die beiden Kommissarinnen kaufen ihr die Trauer nicht ab – auch der Anwalt Matteo Riva (Benjamin Grüter, geb. 1974) scheint mit der Toten eng verbandelt gewesen zu sein.
Die beiden Ermittlerinnen verfolgen noch eine dritte Spur – Klaras Mutter Dorit. Schließlich setzte Perrault ihrer Tochter bei einer Befragung sehr zu. Isabelle versucht Vertrauen zu Klara aufzubauen, bei einer Befragung bricht die junge Frau allerdings zusammen. Damit fällt eine wichtige Zeugin aus, die vielleicht Licht ins Dunkel gebracht hätte.
Lohnt sich das Einschalten?
Wie schon bei den anderen drei Fällen zuvor kann auch der neue Krimi aus der Schweiz nicht hundertprozentig überzeugen. Ein Pluspunkt: „Risiken mit Nebenwirkungen“ ist spannender als die zwei Vorgänger. Es tauchen einige Personen auf, die alle verdächtig erscheinen – deshalb tappt man als Zuschauer lange im Dunkeln. Allerdings verzettelt sich der Film an manchen Stellen, was die Spannung streckenweise einbrechen lässt.
Ein junges, krankes Mädchen kämpft gegen einen eiskalt wirkenden Pharmakonzern – das Thema ist hochemotional und weckt nicht nur bei den beiden Kommissarinnen Gefühle des Mitleids. Dadurch bekommt man vor allem eine neue Seite von Isabelle Grandjean zu sehen. „Dieser Fall berührt sie sehr, weil ein Kind involviert ist. Und sie wird den Fall so sehr lösen wollen, dass sie ein wenig über die Grenzen gehen wird“, beschreibt es Darstellerin Anna Pieri Zuercher im Interview mit dem Sender. Die sonst so harte Ermittlerin lässt ein wenig hinter ihre Fassade blicken und öffnet sich auch Tessa Ott immer mehr.
Was auffällt: In diesem Fall sind neben den beiden Ermittlerinnen viele Episodenrollen mit Frauen besetzt. Fans können sich also auf „geballte Frauenpower“ freuen, wie Regisseurin Christine Repond (40) ankündigt. Dass dem so ist, ist den Drehbuchautorinnen Stefanie Veith und Nina Vukovic (geb. 1978) zu verdanken. Lediglich die Rolle der Anwältin Widmer sei im Drehbuch ursprünglich als Mann gedacht gewesen, wie Repond erklärt. „Es gibt schon so viele Filme mit älteren, mächtigen Männern, und ich fand es an der Zeit, eine solche Rolle mit einer starken Frau zu erzählen.“ Das ist im „Tatort“ sehr gut umgesetzt worden – denn Therese Affolter spielt die harte, berechnende Juristin sehr überzeugend.
Positiv hervorzuheben ist auch der Umstand, dass die Stadt Zürich als Handlungsort im neuen Fall stärker mit einbezogen wird. Zusammenfassend ist es ein solider Krimi, bei dem man ohne weiteres am Sonntagabend einschalten kann – mehr aber auch nicht.