25 Jahre Netflix: Die Videothek ist tot, lang lebe Streaming?

25 Jahre Netflix: Die Videothek ist tot, lang lebe Streaming?

Wer geht denn heute noch in die Videothek? Vielerorts ist es gar nicht mal so einfach, in der Nähe überhaupt noch eine zu finden. Streaming ist angesagt! Netflix hat als einer der weltweit größten Anbieter seinen Teil dazu beigetragen. Rund 221 Millionen zahlende Mitglieder hat der Streamingdienst laut Angaben des Unternehmens aktuell – und gilt damit als einer der Platzhirsche der Branche neben Konkurrenten wie Disney+ und Amazon Prime Video.

Ein Versuch und seine Folgen

Als Reed Hastings (61) und Marc Randolph (64) Ende August 1997 in Kalifornien Netflix gründeten, konnten sie nur hoffen, dass ihr Unternehmen einmal so bekannt werden würde. Lange bevor das Streamen von Serien und Filmen beliebt wurde setzten die Co-Gründer vor 25 Jahren zwar bereits auf Unterhaltung, wählten damals aber noch einen anderen Weg.

Am Anfang stand die Idee, DVDs per Post zu verschicken. Sie wagten einen Versuch, versandten eine der Scheiben und diese traf intakt ein. Als die Seite dann 1998 erstmals an den Start ging, wurde „Netflix.com“ zum Vorreiter für Online-Videotheken. Kundinnen und Kunden mussten zunächst einzeln für die geliehenen DVDs zahlen, 1999 führte das Unternehmen aber bereits eine Abo-Option ein. Immer mehr Film- und Serienliebhaber entdeckten das Angebot für sich. Nach Angaben von Netflix erreichte der Dienst schließlich 2006 die Marke von fünf Millionen Mitgliedern.

Laut eines Berichts des Tech-Magazins „Wired“ gab es in den Vereinigten Staaten im Jahr 2020 immer noch mehr als zwei Millionen Menschen, die Netflix auf diese Weise nutzten. Je nach gewähltem Abonnement können Verbraucherinnen und Verbraucher sich in den USA auch heute noch bis zu drei DVDs oder Blu-rays gleichzeitig ausleihen und zuschicken lassen. Die Kosten für ein Abo sind dabei mit denen des Streamingdienstes vergleichbar und liegen bei rund zehn bis knapp 20 US-Dollar im Monat.

Der Sprung zum Streaming

Anfang 2007 führte Netflix schließlich die Option ein, Inhalte direkt zu streamen. Die Pläne zu diesem Schritt, gab es zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren. Ted Sarandos (58) hatte seinen aktuellen Co-Chef Hastings laut „Variety“ im Jahr 1999 erstmals getroffen, um womöglich bei Netflix einzusteigen. Der Mitgründer hatte demnach damals bereits mit Sarandos darüber gesprochen, dass er die Zukunft von Netflix im Streaming sah. „Wir haben nie auch nur eine Minute dafür verschwendet, zu versuchen, das DVD-Geschäft zu retten“, erzählte Sarandos dem Branchenmagazin im Jahr 2018.

Nach und nach eroberte Netflix die weltweiten Märkte. 2010 kam der Dienst nach Kanada, 2011 ging es in der Karibik und Lateinamerika los und 2012 folgte unter anderem Großbritannien. Streaming-Fans mussten sich hierzulande aber noch gedulden, denn erst 2014 startete der Service auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Netflix konnte sich in zahlreichen weiteren Ländern etablieren sowie immer mehr Nutzerinnen und Nutzer gewinnen. 2021 waren es dann erstmals mehr als 200 Millionen.

Netflix laufen die Kunden weg?

Doch Netflix hat zwei Probleme: Nutzerinnen und Nutzer verlassen zu Tausenden die Plattform und viele Millionen schauen zwar Serien und Filme, zahlen aber nicht dafür. Wie der Konzern mitgeteilt hat, verlor der Streamingdienst im ersten Quartal 2022 ungefähr 200.000 Abonnenten, im zweiten Quartal waren es zuletzt sogar rund 970.000.

Dabei war das sogar eine weniger verheerende Entwicklung, als erwartet worden war. Netflix hatte damit gerechnet, dass bis zu zwei Millionen Nutzerinnen und Nutzer kündigen würden. Wolle man einen einzelnen Grund für die doch etwas positiveren Zahlen herauspicken, sei es laut Hastings wohl die Veröffentlichung der neuesten Staffel einer der beliebtesten Serien des Dienstes: „Stranger Things“.

Die Gründe für den Verlust so vieler Nutzer dürften derweil mannigfaltig sein. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage wird sich sicherlich mancher überlegen, ob er ein Abo weiter finanzieren möchte. Zudem wird der Markt von zahlreichen Konkurrenten überschwemmt, die alle ein Stück vom Kuchen abhaben möchten.

Wer Abos bei unterschiedlichen Anbietern besitzt, kommt schnell auf einen zusammengerechnet (zu) hohen Betrag, der jeden Monat entrichtet werden muss. „Nutzer betrachten die Gesamtkosten ihrer Streaming-Abos“, erklärte Lisa Jäger von der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners Anfang August in einer Pressemitteilung. Basierend auf einer repräsentativen Umfrage liege die ideale Preisspanne demnach zwischen 17 und 30 Euro. Mehr als zwei Streamingdienste sind bei diesem Budget in vielen Fällen nicht drin. Ein Netflix-„Standard“-Abo für 12,99 Euro und ein Disney+-Monatsabo für 8,99 Euro liegen zusammen etwa schon bei rund 22 Euro.

„Zehn Euro [für einen Dienst] empfinden Nutzer als gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. 15 Euro gelten als teuer, aber annehmbar“, meinte Jäger. Bei jedem Abo sei der „subjektive Wert für den Nutzer“ aber entscheidend. „Wenn der Content besonders attraktiv ist, sind User gewillt mehr zu bezahlen. Qualität darf etwas kosten.“ Gleichzeitig muss die Qualität der Inhalte stimmen, um Kunden zu halten. Entscheide sich eine Verbraucherin oder ein Verbraucher für einen Dienst, sei dies oftmals „eine Entscheidung gegen einen anderen“.

Bei der Vielzahl an Netflix-Produktionen könnte durchaus für manchen der Eindruck entstehen, dass man hier in den vergangenen Jahren doch eher auf Quantität setzt – auch wenn der Dienst Hits wie „Squid Game“, „Bridgerton“ oder eben „Stranger Things“ zu bieten hat. Eine neue Serien-Umsetzung von „Resident Evil“, einer äußerst beliebten Videospiel-Reihe, konnte zuletzt jedoch etwa nur wenige Fans und Kritiker überzeugen. Die erste Staffel wurde Mitte Juli veröffentlicht. Vor wenigen Tagen berichtete das Branchenmagazin „Deadline“ dann bereits, dass es keine zweite Staffel geben wird.

Jeder soll zahlen

In Südamerika testet Netflix derzeit unterdessen zwei Modelle, um das Teilen von Login-Daten zu monetarisieren. Dieses ist laut der Nutzungsbedingungen eigentlich untersagt, trotzdem sollen angeblich laut des Dienstes mehr als 100 Millionen Haushalte auf diese Weise mitstreamen, ohne zu zahlen. Der Anbieter arbeitet an Möglichkeiten, das Teilen zu unterbinden und dann gegen einen Aufpreis freizuschalten.

Bei dem einen Modell können Kunden „Extra-Mitglieder“ hinzufügen, beim anderen haben sie ein „Home“ und buchen bei Bedarf weitere hinzu. Bei der Zuhause-Variante können User sich auch auf einem TV-Gerät außerhalb des „Homes“ einmal jährlich für bis zu zwei Wochen kostenlos anmelden, aber nur, wenn sie an jenem Ort den Account noch nicht genutzt haben. Um dies zu überprüfen nutzt Netflix eine Mischung aus den IDs einzelner Geräte, die Account-Aktivität und IP-Adressen, mit denen der Standort eines Users zugeordnet werden kann. Der Verbraucher muss sich dann damit begnügen, Netflix-Inhalte vor Ort auf seinem Smartphone, Tablet oder Laptop zu streamen, wenn er nicht die zusätzliche Gebühr zahlen möchte. Sollten die Tests erfolgreich verlaufen, wird der Dienst wohl auch bald weltweit entsprechende Optionen anbieten. Wie Kunden darauf dann reagieren, bleibt abzuwarten.

Zudem arbeitet der Streaming-Riese an einer werbeunterstützten Abo-Option. Laut eines Berichts von „Bloomberg“ peilt Netflix hier angeblich einen monatlichen Preis von sieben bis neun US-Dollar an. Im Vergleich: Das „Standard“-Abo kostet in den USA derzeit 15,49 Dollar im Monat. Geplant seien demnach rund vier Minuten an Werbeeinblendung pro Stunde – vor und während bestimmter Inhalte, aber nicht danach. Noch in diesem Jahr soll die Option in mindestens sechs Märkten eingeführt werden. In anderen Ländern wird das Ganze für das kommende Jahr erwartet.

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